Wirecard: Der unbekannte Mann, der hinter den überteuerten M&A Deals steckt

E-Commerce: Digitale Bezahllösungen (Digital Payment)

Freitag, 20. November 2020 um 09:59

Nennenswerte Umsätze machten diese beiden indischen Units indes nicht, zudem waren sie offenbar unprofitabel. Abgeschlossen wurde die Akquisition von Wirecard sodann im Jahr 2016.

Als Kaufpreis aber wurden insgesamt 340 Mio. Euro aufgerufen, die Wirecard bezahlen sollte. Der Kaufpreis wurde bereits damals von Marktbeobachtern als viel zu hoch eingestuft und heftig kritisiert.

Die Wirecard Sales International Holding GmbH mit Sitz in Aschheim hat seinerzeit mehrheitlich (60 Prozent) das Payment-Geschäft der Great India Retail (inkl. 100 Prozent von Hermes i Tickets) von einem „Fonds“ erworben.

Der Kaufpreis betrug 216 Mio. Euro zuzüglich maximaler Earn-Out Zahlungen von 110 Mio. Euro, also insgesamt 326 Mio. Euro. Hermes ist auch eines der Unternehmen, die von Ermittlern in Singapur überprüft werden und im Verdacht stehen, selbst betrügerische Handlungen durchgeführt zu haben.

Die ursprünglichen Mehrheitseigentümer, die Brüder Ramasamy aus Indien, aber erhielten nur 40 Mio. US-Dollar oder rund 37 Mio. Euro, die von einer Fondsgesellschaft auf Mauritius als Käufer bezahlt wurden.

Diese indische Unit ging an den Emerging Markets Investment Fund 1A (EMIF1A), einem Investmentfonds auf Mauritius, und wurde mit dem Unternehmen Orbit Corporate Leisure Travels (Orbit) fusioniert, das zuvor ebenfalls von EMIF1A erworben wurde.

Hermes wurde sodann nur drei Wochen später zusammen mit nicht zum Unternehmen gehörenden Geldwechsel-Kiosks in Bangalore (Star Global) für insgesamt 326 Mio. Euro an die Wirecard AG als Paket veräußert.

Der kombinierte Verkauf diente vermutlich dazu, die tatsächlichen Unternehmenswerte der einzelnen Units zu verschleiern. Wirecard investierte zudem 14 Mio. in die Unit GI Technology, zahlte also insgesamt 340 Mio. Euro.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG geht davon aus, dass das Management von Wirecard den ursprünglichen Kaufpreis der indischen Unit kannte, was vom Unternehmen selbst bestritten wurde.

Wer hinter dem Investmentfonds auf Mauritius als Verkäufer steckt, ist bis heute nicht geklärt. Auch KMPG konnte dies bis heute nicht lösen. Vermutet werden von behördlichen Ermittlern Mitarbeiter von Wirecard oder andere nahestehende Personen.

In Spiel gebracht wurden eine Person namens Amit Shah und der Ex-Wirecard Vorstand Jan Marsalek.  Wirecard selbst machte dazu keinerlei Angaben gegenüber den Wirtschaftsprüfern EY und KPMG.

Es könnte also sein, dass dort bei der M&A-Transaktion allein ein dreistelliger Millionen-Euro-Betrag in dunkle Kanäle verschwunden ist. O’Sullivan weigerte sich gegenüber KPMG in dieser Angelegenheit auszusagen.

Hinterlassen wurde ein finanzielles Loch bei der Wirecard AG von mindestens 1,9 Mrd. Euro. Hinzu kommen Forderungen von Gläubigern, die mittlerweile mehr als zwölf Mrd. Euro ausmachen. In den Kassen sind gerade einmal 500 Mio. Euro.

Die Staatsanwaltschaft in München behauptet, die Führungskräfte der Wirecard AG hätten für eine Reihe von Unternehmen zu viel bezahlt, was den Aktionären der Wirecard AG massive Verluste einbrachte.

In der Tat waren gleich mehrere Akquisitionen der Wirecard AG völlig überteuert. Das aber nachzuweisen, wird sehr schwierig sein, denn das Management kann sich immer auf potenzielle Wachstumsmöglichkeiten berufen, die den Kaufpreis rechtfertigen würden. Im Notfall waren es sonst „Managementfehler“.

Der Brite und Unternehmer Henry O’Sullivan mit Sitz in Singapur, der mit eigenem Roll-Royce und Hammerhaien im Aquarium einen skurrilen und luxuriösen Lebensstil vorzog, ist derweil untergetaucht. Er war ein Vertrauter des flüchtigen Ex-Vorstandsmitglieds Marsalek.

O’Sullivan wird zudem mit der Senjo Group mit Unternehmenssitz im Stadtstaat Singapur in Verbindung gebracht, die auch mit der Wirecard AG in Geschäftsbeziehungen stand. (lim/rem)

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