Wende im Wirecard-Skandal: Kronzeuge aus dem Gefängnis entlassen

Oliver Bellenhaus darf nach mehr als drei Jahren in Polizeigewahrsam gehen, während der ehemalige Chef des gescheiterten Zahlungskonzerns, Markus Braun, hinter Gittern bleibt. Braun ist der einzige Manager, der noch im Gefängnis sitzt.

Der Prozess im Riesenbetrugsfall Wirecard geht derweil weiter. Bellenhaus leitete zuvor eine in Dubai ansässige Wirecard-Tochtergesellschaft, die im Juni 2020 zum Zusammenbruch des deutschen Technologieunternehmens führte.

Bellenhaus stellte sich freiwillig der Staatsanwaltschaft in München. Seitdem ist er Hauptzeuge der Anklage, die Braun, Wirecards ehemaligen Leiter der Buchhaltung, Stephan von Erffa, und Bellenhaus selbst in mehreren Punkten angeklagt hat.

Die Entscheidung des Gerichts, Bellenhaus freizulassen, sei ein Vertrauensbeweis der Münchner Richter in die Glaubwürdigkeit des Kronzeugen der Anklage, berichtet heute die Financial Times.

Bellenhaus wurde auf Antrag seiner Anwälte aus der Haft entlassen. Der Prozess läuft bereits mehr als ein Jahr. Braun beteuert derweil weiterhin seine Unschuld, er habe von dem Betrug als CEO nichts gewusst.

Wirecard hatte seinerzeit einen großen Anteil des Geschäftes (Third-Party-Acquiring = TPA) im Ausland bilanziert, der über Tochtergesellschaften in Dubai, den Philippinen und anderen Ländern geroutet wurde.

Wirecard verwies Kunden in denjenigen Ländern, in denen das Unternehmen keine Lizenz für Zahlungsdienste besaß oder mit denen offiziell keine Geschäfte gemacht werden sollten, an lokale Partnerunternehmen.

Auffällig war seinerzeit, dass trotz eines hohen ausgewiesenen operativen Cash-Flows der Wirecard AG die Verbindlichkeiten sukzessive anstiegen, obwohl das Unternehmen kaum Akquisitionen oder andere größere Investitionen tätigte.