Amazon wie ein betrunkener Seemann? Hohe Investitionen schrecken Anleger

E-Commerce

Dienstag, 29. April 2014 um 14:01
Amazon Unternehmenslogo

(IT-Times) - Amazon-Investoren werden nervös. Nach den jüngsten Zahlen verloren die Papiere mehr als zehn Prozent an wert, erstmals seit langem rutschten Amazon-Aktien wieder unter die Marke von 300 US-Dollar, nachdem die Papiere Ende Januar ein Rekordhoch bei rund 408 Dollar markiert hatten. Erste Analysten sprechen davon, dass Amazon.com derzeit Geld „wie ein betrunkener Seemann“ ausgibt.

Anleger und Investoren fürchten, dass sich die massiven Investitionen, die der Online-Händler in den vergangenen Jahren getätigt hat, nicht auszahlen werden. Laut Amazon-Gründer Jeff Bezos wird sich daran so schnell auch nichts ändern.

Amazon bleibt im Investitionsmodus - keine hohen Gewinne in Sicht


Für Anleger bedeutet dies, dass es vorerst kein schnelles Gewinnwachstum geben wird. Vielmehr rechnet Amazon.com im zweiten Quartal 2014 mit einem operativen Verlust von 55 bis 455 Mio. US-Dollar. Amazon.com hatte in den vergangenen Jahren viel Geld in den Ausbau seiner Lagerhäuser und Logistikzentren investiert. Gleichzeitig flossen hohe Summen in den Aufbau des Cloud-Geschäfts rund um die Einheit Amazon Web Services (AWS).

Auch im jüngsten Quartal kletterten die Aufwendungen für Abwicklungs- und Logistikzentren um 29 Prozent auf 2,3 Mrd. Dollar. Die Technologie- und Content-Kosten legten um stolze 44 Prozent auf 2,0 Mrd. US-Dollar zu. Insgesamt zogen die Kosten um 23 Prozent an. Dies führte dazu, dass die operative Gewinnmarge im jüngsten Quartal auf 0,7 Prozent zusammenschmolz.

Amazon.com bald auch im Smartphone-Markt?


Mit einer schnellen Erholung der Margen ist vorerst nicht zu rechnen. Nach dem Amazon.com seine TV-Box Amazon FireTV präsentiert hat, will das Unternehmen offenbar auch im Smartphone-Markt Fuß fassen. Hier muss sich Amazon.com (Nasdaq: AMZN, WKN: 906866) dem Wettbewerb mit Samsung und Apple stellen.

Die direkte Konfrontation mit Apple & Co dürfte dem Online-Händler noch mehr Geld kosten. Vielleicht zu viel Geld. Nach Meinung von Piper Jaffray Analyst Gene Munster gibt Amazon.com derzeit Geld „wie ein betrunkener Seemann“ aus, wie Bloomberg berichtet. Ob sich diese Investitionen langfristig rechnen, bezweifeln immer mehr Investoren, zumal es offenbar auch auf der Einnahmenseite Probleme gibt.

“Amazon Steuer“ belastet den Umsatz


Inzwischen muss Amazon.com in 20 US-Bundesstaaten Steuern auf Online-Verkäufe erheben. Damit schwindet ein Vorteil gegenüber dem stationären Handel. Eine neue Studie der Ohio State University kommt zu dem Schluss, dass die sogenannte „Amazon Steuer“ die Konsumenten weniger kaufen lässt.

Online-Shopper in den Staaten, welche die Online-Steuer erheben, reduzierten ihre Ausgaben um zehn Prozent. Bei Online-Einkäufen im Wert von über 300 US-Dollar fielen die Umsätze sogar um 24 Prozent niedriger aus. Viele Analysten wie Wells Fargo-Experte Matt Nemer sehen zwar dadurch kein ernstes Problem für Amazon.com, dennoch trifft die Online-Steuer den Händler zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt - in einer Zeit, in der Amazon.com Geld für weitere Investitionen benötigt.

Kurzportrait

Die in Seattle ansässige Amazon.com öffnete seine virtuellen Einkaufstüren im Jahre 1995. Als Online-Buchhändler an den Start gegangen, entwickelte sich das Unternehmen im vergangenen Jahrzehnt zu einem universellen Online-Kaufhaus, das nicht nur Bücher, sondern auch Musik-CDs, Videos, DVDs, Spielzeug, Computerspiele, Elektronikgeräte, Küchenzubehör, Lebensmittel (Amazon Fresh) und vieles mehr anbietet. Insgesamt ist das Internet-Unternehmen in mehr als 220 Ländern weltweit aktiv und betreut über 100 Millionen Kunden weltweit. Allein der Express-Lieferservice Amazon Prime zählt inzwischen über 10 Millionen Mitglieder.

Dabei operiert Amazon.com heute aus zwei Kerngeschäftsbereichen heraus: Nordamerika und International. Neben dem eigentlichen Online-Produktangebot, bietet Amazon.com aber auch Auktionen und E-Commerce Plattformen (zShops) für Geschäftskunden an Mit seiner Einheit Amazon Web Services (AWS) ist Amazon.com inzwischen auch im Cloud Computing Markt vertreten. Über die Einheit Amazon.com Anywhere will das Unternehmen den Markt für mobiles E-Commerce erschließen. Mit seinem Online-Buchshop joyo.com ist Amazon.com auch in China präsent.

Niederlassungen in Asien und in Lateinamerika ergänzen den globalen Auftritt von Amazon.com. Ende 2007 brachte Amazon seinen eBook-Reader Amazon Kindle auf den Markt. Mit Audible, Shelfari, AbeBooks.com, Withoutabox, Fabric.com und dem Spielespezialisten Reflexive wurden weitere Zukäufe getätigt. Nach der Übernahme von SnapTell, übernahm Amazon.com in 2009 den Online-Schuhhändler Zappos.com. Zudem kündigte Amazon.com mit AmazonBasics eine eigene Produktlinie an. Im Herbst 2010 verstärkte sich Amazon.com durch die Übernahme von BuyVip.com. Anfang 2011 übernahm Amazon.com den europäischen DVD-Verleiher Lovefilm vollständig. Im Herbst 2011 stellte Amazon mit dem Kindle Fire seinen ersten Tablet PC vor. Mitte 2012 gründete Amazon mit den Amazon Game Studios sein eigenes Entwicklerstudio. Anfang 2013 schnappte sich Amazon.com den Softwarespezialisten IVONA Software, später folgte die Übernahme von TenMarks Education. Anfang 2014 schluckte Amazon.com den Spielespezialisten Double Helix Games.

Der visionäre Unternehmensgründer Jeff Bezos, welcher gleichzeitig als CEO der Gesellschaft fungiert, hält zusammen mit seiner Familie etwa ein Drittel der Anteile am Unternehmen.

Zahlen

Für das vergangene erste Quartal 2014 meldete Amazon.com einen Umsatzanstieg um 23 Prozent auf 19,74 Mrd. US-Dollar. Der operative Gewinn schrumpfte dagegen um 19 Prozent auf 146 Mio. US-Dollar, nach einem operativen Plus von 181 Mio. Dollar im ersten Quartal 2013. Der Nettogewinn zog auf 108 Mio. US-Dollar oder 23 US-Cent je Aktie an, nach einem Nettoprofit von 82 Mio. Dollar oder 18 US-Cent je Aktie im Jahr vorher. Mit den vorgelegten Gewinnzahlen konnte Amazon.com die Markterwartungen der Wall Street Analysten erfüllen. Amazon-Finanzchef Tom Szkutak ließ verlauten, dass man weiter in das Geschäft investiere, um das Umsatzwachstum zu unterstützen.

Die weltweiten Liefer- und Versandkosten zogen um 28 Prozent an. Amazon.com hatte sich jüngst dazu entschieden, den Preis für seinen Express-Lieferservice Amazon Prime um 20 auf 99 US-Dollar anzuheben - es ist die erste Anhebung in neun Jahren. Während die Umsätze in Nordamerika um 26 Prozent anzogen, kletterte das Geschäft in Übersee um 18 Prozent. Der operative Cashflow zog in den vergangenen 12 Monaten um 26 Prozent auf 5,35 Mrd. US-Dollar an.

Markt und Wettbewerb

Meldung gespeichert unter: E-Commerce, Amazon, Hintergrundberichte, Internet

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