Deutsche Telekom im Kaufrausch? Mobilfunkmärkte vor Konsolidierung

Mittwoch, 16. September 2009 um 13:31
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(IT-Times) - Nachdem die Deutsche Telekom AG (WKN: 555750) ihr England-Geschäft (T-Mobile UK) in ein Joint Venture mit Orange UK einbringen will, um dadurch zum Marktführer in Großbritannien aufzusteigen, brodelt die Gerüchteküche weiter.

Nachdem die Sunday Telegraph berichtet hat, dass die Deutsche Telekom eine Übernahme von Sprint Nextel erwägt, scheint die Telekom in den USA die gleiche Strategie in die Tat umsetzen zu wollen, wie in Großbritannien. Tatsächlich würde die Telekom durch eine Fusion mit Sprint Nextel mit rund 82 Mio. Kunden mit einem Schlag zur Nummer drei mit einem Marktanteil von rund 33 Prozent im US-Mobilfunkmarkt hinter Verizon und AT&T aufsteigen.

Übernahme von Sprint Nextel gilt als unwahrscheinlich


Doch ob es tatsächlich dazu kommt, gilt als unwahrscheinlich. Zum einen wäre eine Übernahme von Sprint Nextel für die DTAG ohne Kapitalerhöhung nicht zu stemmen. Zum anderen wären die technischen Synergieeffekte wohl äußerst begrenzt, denn Sprint Nextel setzt in den USA auf einen CDMA-basierten Netzstandard, während T-Mobile USA auf ein GSM-Netz setzt und derzeit sein 3G-Netz in den USA ausbaut.

Dass sich unterschiedliche Netzstandards nicht leicht integrieren lassen, musste der Mobilfunk-Carrier Sprint bereits leidvoll erfahren. Die Übernahme von Nextel Communications gestaltete sich aufgrund unterschiedlicher Netz-Standards als schwieriger als angenommen. Die erhofften Synergieeffekte blieben aus, die Kundenzahlen gingen zuletzt weiter zurück.

US-Mobilfunkmarkt vor Konsolidierung


Daher drehte sich das Gerüchtekarussell zuletzt munter weiter. Schon wird der US-Mobilfunkspezialist Leap Wireless als Übernahmekandidat gehandelt. Neben der Deutschen Telekom soll auch AT&T Interesse an einer Übernahme haben. Leap Wireless ist in 30 US-Bundesstaaten präsent und betreut rund 3,8 Mio. Kunden. Mit einer Marktkapitalisierung von 1,6 Mrd. Dollar wäre das Unternehmen deutlich erschwinglicher, als der Konkurrent Sprint Nextel, der mit über elf Mrd. Dollar an der Börse bewertet wird. Allerdings schreibt auch Leap Wireless rote Zahlen.

Strato-Zukauf als Alternative?


Lukrativer für die Telekom scheint dagegen ein Deal in Deutschland. Zum Verkauf steht das Hosting-Geschäft Strato des Mobilfunkspezialisten Freenet, der sich damit stärker auf sein Kerngeschäft konzentrieren möchte. Als Verkaufspreis sind rund 300 Mio. Euro im Gespräch, die sich langfristig lohnen könnten, gilt das Hosting-Geschäft als relativ krisenfest.

Bereits zuvor übernahm die Telekom das Hosting-Geschäft der SAP AG in Europa und verstärkte sich in diesem Bereich. Mit einer Übernahme von Strato könnte die Telekom sein Webhosting-Geschäft mit kleinen und mittelständischen Kunden weiter ausbauen und zugleich in einem Markt expandieren, dem große Zukunftschancen eingeräumt werden. Denn immer mehr Anwendungen werden inzwischen über das Web ausgeliefert, wodurch der Bedarf an Hosting-Speicherplatz steigt…

Kurzportrait


Die Deutsche Telekom AG ist Europas größtes Telekommunikationsunternehmen. Der Konzern ist in die Sparten T-Mobile (Mobilfunk), T-Com (Festnetz und Internet) sowie T-Systems (Geschäftskunden) gegliedert. Über T-Home bietet die Telekom Breitbandangebote für Privatkunden an. Zum Portfolio des Unternehmens gehören Mobilfunkdienstleistungen aller Art, die Bereitstellung von Festnetz- und Internetzugängen sowie der Wiederverkauf von Internetzugängen (Wholesale). Das Geschäftsfeld T-Systems ist auf mittelständische, große und internationale agierende Geschäftskunden ausgerichtet, wobei auch IT-Dienstleistungen erbracht werden. Zudem bietet die Telekom über das neue VDSL-Hochgeschwindigkeitsnetz auch Internetfernsehen und terrestrisches Fernsehen an. Im Markt für günstige DSL-Anschlüsse ist das Unternehmen durch die Tochter Congstar vertreten.

Die Deutsche Telekom AG ist aus der Telekommunikationssparte der Deutschen Bundespost hervorgegangen. Anfang 1995 erfolgte die Umwandlung in eine AG, im November 1996 der Börsengang. In der Folgezeit wurde die internationale Expansion vorangetrieben, Schwerpunkte waren Ost- und Südosteuropa. Aber auch in Asien erwarb man einige Beteiligungen, die bis 2003 jedoch wieder allesamt abgestoßen wurden. Der Kapitalarm der Telekom, T-Venture gehört zu den größten Kapitalgebern in Europa. T-Venture investiert in junge wachstumsstarke Unternehmen, die Synergien für die Telekom-Sparten T-Com, T-Systems, oder T-Mobile versprechen.

Eine der spektakulärsten Transaktionen war die Übernahme des US-Mobilfunknetzbetreibers Voicestream Wireless für rund 40 Mrd. US-Dollar im Jahr 2001, welches unter dem Namen T-Mobile USA mit aufgegangen ist. Im Herbst 2007 verstärkte sich die Telekom in den Niederlanden und erwarb für 1,33 Mrd. Euro den niederländischen Mobilfunker Orange Niederlande. Zudem verstärkte die Telekom seine Präsenz in den USA durch die Übernahme der amerikanischen SunCom Wireless. Daneben wurde das Immobilien-Portal ImmobilienScout24 vollständig übernommen. Damit gehört die gesamte Scout24-Gruppe zum Magenda-Konzern: Autoscout24, Friendscout24, Local24 und Jobs.de.

Anfang 2008 expandierte Telekom in Griechenland beteiligte sich mit 20 Prozent ander Hellenic Telecom (OTE) für 2,5 Mrd. Gleichzeitig trennte sich die DTAG von seiner Immobilien-Tochter DeTeImmobilien und verkaufte die Einheit an Strabag. Im Herbst 2009 gab die Telekom die Gründung eines Joint Ventures mit Orange UK bekannt. Die Telekom will seine britische Tochter T-Mobile UK in das Venture einbringen, wodurch das Unternehmen zum Mobilfunk-Marktführer in Großbritannien aufsteigt. Gleichzeitig übernahm die IT-Einheit T-Systems das Hosting-Geschäft der SAP AG in Europa. Bereits im Vorfeld übernahm T-Systems den den Schweizer SAP-Dienstleister Logica.

Kooperationspartner sind unter anderem Apple (exklusiver Vertrieb des iPhones in Deutschland), BT, EnBW, sowie der FC Bayern (Sponsoring), Microsoft und Yahoo. Das TV-Kabelnetz wurde in den vergangenen Jahren sukzessive abgestoßen. Heute hält der Bund direkt und indirekt noch rund 30 Prozent an dem Unternehmen.

Zahlen


Im zweiten Quartal 2009 wies die Deutsche Telekom einen Umsatz von 16,23 Mrd. Euro aus, ein Anstieg gegenüber dem Vorjahreswert von 15,12 Mrd. Euro. Das EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) summierte sich auf 5,02 Mrd. Euro nach 4,56 Mrd. Euro in 2008. Es wurde ein Überschuss von 521 Mio. Euro gemeldet (Vorjahr: 394 Mio. Euro).

Der Umsatz des ersten Halbjahres 2009 lag mit 32,14 Mrd. Euro über dem Wert aus 2008 von 30,1 Mrd. Euro. Im Inland wurden dabei 13,76 Mrd. Euro erzielt, eine Verschlechterung gegenüber dem Vorjahresergebnis von 14,43 Mrd. Euro. Dafür sorgte das Ausland für Wachstum und konnte den Umsatz von 15,66 Mrd. Euro auf 18,38 Mrd. Euro steigern. Die Deutsche Telekom AG wiese ein unbereinigtes EBITDA von 9,96 Mrd. Euro aus (Vorjahr: 9,52 Mrd. Euro). Das unbereinigte Halbjahresergebnis hingegen brach von plus 1,38 Mrd. Euro in 2008 auf nunmehr minus 603 Mio. Euro ein. Der Cash-Flow aus der Geschäftstätigkeit verringerte sich von 7,01 Mrd. auf 6,47 Mrd. Euro.

Für die Deutsche Telekom zahlte sich nunmehr die Übernahme der OTE aus. Das jetzt konsolidierte griechische Telekommunikationsunternehmen verbesserte den Umsatz um 6,8 Prozent bzw. um 2,4 Mrd. Euro. Hinsichtlich des bereinigten EBITDAs wurde eine Verbesserung um 5,6 Prozent erreicht, dies entspricht 0,9 Mrd. Euro. Das bereinigte Konzernergebnis konnte dank OTE um zwei Prozent auf 1,4 Mrd. Euro gesteigert werden. Unbereinigt wies die Deutsche Telekom minus 603 Mio. Euro als Ergebnis aus.

Meldung gespeichert unter: Mobilfunknetzbetreiber (Mobile Carrier), Deutsche Telekom, Hintergrundberichte, Telekommunikation

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