Nokia - ein Riese gerät ins Wanken

Freitag, 17. Juli 2009 um 12:50
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(IT-Times) - Finnlands Mobilfunkgigant Nokia (NYSE: NOK, WKN: 870737) steckt in der Krise. Neben der allgemein um sich greifenden Rezession kämpft das Unternehmen aber auch mit hausgemachten Problemen.

Zwar hat Nokia seinen Marktanteil bei etwa 38 Prozent stabilisieren können, doch ein näherer Blick auf die Bilanz zeigt, dass Nokia zu sehr vom Massenmarkt abhängig ist, in dem traditionell nur geringe Gewinnmargen erwirtschaftet werden können. Entsprechend leidet die Profitabilität des finnischen Herstellers, der sich mit stagnierenden Gewinnmargen zufrieden geben muss.

So geht Nokia davon aus, dass auch im zweiten Halbjahr 2009 die Margen bei 11,3 Prozent vom Umsatz verharren werden. Der Marktanteil dürfte auf dem Niveau des Vorjahres stagnieren. Hintergrund ist der Umstand, dass Nokia den Großteil seines Umsatzes mit Billig-Telefonen und Mittelklasse-Handys erzielt. Exemplarisch sank der durchschnittliche Verkaufspreis zuletzt auf 62 Euro. Überraschend dabei ist, dass Nokia selbst im chinesischen Markt, in denen Nokia bislang eine dominante Position durch seine Billig-Handys eingenommen hat, einen Umsatzrückgang von acht Prozent hinnehmen musste.

Nokia fehlt ein Eyecatcher


Einen wirklichen Eyecatcher bzw. Kassenschlager hat Nokia derzeit nicht im Programm. Lediglich dem Nokia E71 werden Blockbuster-Qualitäten zugetraut, allerdings dürfte es für die Finnen schwierig werden, gegen das Kult-Handy iPhone und den BlackBerrys aus dem Hause Research In Motion anzukommen. Die beiden Nokia-Konkurrenten haben im Smartphone-Markt zuletzt weiter zugelegt, während Nokia den Marktanteilsschwund zuletzt gerade einmal stoppen konnte.

Insbesondere im umsatzstarken US-Markt spielt Nokia mit einem Marktanteil von rund 6,7 Prozent bislang nur eine Nebenrolle. Neue Modelle und vor allem die Fokussierung auf das Anwendungsgeschäft sollen die Wende bringen. Nokia sieht sich durch seine breite Aufstellung sowie durch die Übernahme von Navteq im Vorteil. Zudem wolle man die Kundenbindung durch den Software-Shop Ovi verbessern, heißt es.

Doch ob dies allein ausreicht, stärker im high-end Handy-Markt Fuß zu fassen, in dem das große Geld verdient wird, bleibt abzuwarten. Nachdem die Finnen schon den Trend zum Touchscreen-Handy verpasst haben, scheint man auch mit Ovi der Zeit hinterher, zumal Apple mit seinem iTunes-Shop bereits eine gewisse kritische Größe und Reichweite erreicht hat…

Kurzportrait

Die im Jahre 1865 gegründete und im finnischen Espoo ansässige Nokia Oyj stellte nach seiner Gründung ursprünglich Papier her. In den späteren Jahren machte sich Nokia als Hersteller von Gummistiefeln einen Namen. Erst im Jahre 1960 wandte sich Nokia den modernen Kommunikationstechniken zu. In den 80er Jahren stellte das Unternehmen dann elektronische Komponenten und ganze Computer her. Im Jahre 1987 folgte schließlich mit der Entwicklung von Mobilfunktelefonen der Durchbruch und der Beginn einer neuen Ära.

Nokia entwickelte damals das erste Mobilfunktelefon, mit dem Ziel auf Basis des GSM-Netzes ein globales mobiles Kommunikationsnetz in Europa zu schaffen. Heute ist Nokia der weltweit führende Handy-Hersteller. Das Unternehmen ist heute in drei wesentliche Kerngeschäftsbereiche unterteilt: Mobile Devices, Enterprise Solutions und der Netzwerksparte (Nokia Siemens Networks).

Nokia erregte in den vergangenen Jahren auch Aufmerksamkeit durch seine Expansion im Netzwerkbereich. So erwarb der finnische Technologiekonzern in den vergangenen Jahren Beteiligungen an amerikanischen Netzwerkfirmen wie Ipsilon Networks, Aircom International, Rooftop Communications, Ramp Networks und F5 Networks. Später übernahm Nokia den Softwarespezialisten Eizel Technologies. Im Jahr 2004 kaufte Nokia Lizenzen und Technologien der Freescale-Tochter Metrowerks. Im Februar übernahm Nokia schließlich den Mobilfunksoftwareanbieter Intellisync Corporation. Im Jahr 2007 schluckte Nokia den mobilen Marketingspezialisten Enpocket. Anschließend kaufte Nokia den GPS- und Kartenspezialisten Navteq im Rahmen einer Milliardentransaktion. Ende 2007 schloss man die Übernahme der Internettauschbörse Avvenu ab. Mitte 2008 kaufte Nokia auch die restlichen Anteile an dem britischen Mobile-Softwarehersteller Symbian. Gleichzeitig übernahm Nokia den Social-Networking-Anbieter Plazes. Daneben wurde auch die Übernahme des Softwarespezialisten Trolltech erfolgreich abgeschlossen.

Gemeinsam mit der Siemens AG betreibt Nokia das 50:50 Joint Venture Nokia Siemens Networks. Gemeinsam mit Texas Instruments und STMicroelectronics will Nokia in Konkurrenz zu Qualcomm treten und den neuentwickelten CDMA-Standard CDMA 2000 1X vermarkten. Mit seiner eigenen Internet-Plattform Ovi will Nokia im weltweiten Datennetz stärker Fuß fassen.

Zahlen

Nokia wies im vergangenen zweiten Quartal 2009 einen Umsatz von 9,91 Mrd. Euro aus, im Vorjahreszeitraum lag der Umsatz bei 13,15 Mrd. Euro, dies entspricht einem Rückgang von 24,6 Prozent. Der operative Gewinn belief sich auf 427 Mio. Euro nach 1,47 Mrd. Euro in 2008. Entsprechend verringerte sich die operative Marge von 11,2 Prozent im zweiten Quartal 2008 auf 4,3 Prozent. Es wurde ein Gewinn je Aktie (verwässert) von zehn Cent erreicht (2008: 29 Cent).

6,58 Mrd. Euro des Gesamtumsatzes entfielen auf den Bereich Devices & Services (2008: 9,09 Mrd. Euro). Insgesamt wurden hier 103,2 Millionen Mobiltelefone abgesetzt, was einem Rückgang gegenüber 2008 um 15 Prozent entspricht. Der durchschnittliche Verkaufspreis je Gerät lag bei 62 Euro (2008: 74 Euro). Die Sparte Navteq (digitale Karten) trug 147 Mio. Euro zum Umsatz bei, im Vorjahr waren es 132 Mio. Euro. Nokia Siemens Networks (TK-Ausrüstung) hingegen musste einen Umsatzrückgang um 21,3 Prozent auf 3,19 Mrd. Euro hinnehmen.

Olli-Pekka Kallasvuo, CEO von Nokia, sieht das zweite Quartal 2009 durch Auswirkungen der aktuellen Wirtschaftskrise belastet. Es sei gelungen, den internationalen Marktanteil bei Mobiltelefonen allgemein auf 38 Prozent zu steigern, im ersten Quartal 2009 waren es 37 Prozent, im Vorjahr allerdings bereits 40 Prozent Marktanteil. Bei Smartphones verfüge Nokia derzeit über 41 Prozent Anteil am Gesamtmarkt, heißt es aus dem Unternehmen.

Markt und Wettbewerb

Meldung gespeichert unter: Nokia, Hintergrundberichte, Telekommunikation, Hardware

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