Netflix entsetzt Anleger und Analysten - Wachstum um jeden Preis

Mittwoch, 26. Oktober 2011 um 13:06
Netflix

(IT-Times) - Nachdem PR-Desaster folgt nun das Zahlen-Desaster. Der einstige Börsen-Highflyer Netflix ist aktuell das Gesprächsthema Nummer eins an der Wall Street. Unter sehr hohen Umsätzen brachen die Papiere an der Nasdaq am Vortag um rund 35 Prozent ein, nachdem das Unternehmen angekündigt hat, dass man in 2012 für einige Quartale rote Zahlen schreiben werde, um die Expansion in Europa voranzutreiben.

Nach der deutlichen Preisanhebung Anfang September weht der Wind Netflix (Nasdaq: NFLX, WKN: 552484) weiterhin hart ins Gesicht. Rund 800.000 Netflix-Kunden kehrten dem Unternehmen im jüngsten Quartal den Rücken, 200.000 mehr als das Unternehmen erwartet hatte. Der Fauxpas erfreut die Konkurrenz in Form von Redbox und Blockbuster.

Netflix spielt der Konkurrenz in die Karten


Kein Unternehmen scheint dabei besser positioniert als Redbox, glaubt zumindest Wedbush Securities Analyst Michael Pachter. Pachter schätzt, dass zwischen zwei und drei Millionen Netflix-Kunden ihr Account auflösen und zu Konkurrenten wie Redbox wechseln werden.

Redbox hat landesweit in den USA mehr als 33.000 DVD-Kioske aufgestellt, über die Kunden DVDs für einen US-Dollar pro Tag ausleihen können. Auch Redbox will bis Jahresende einen eigenen Streaming-Service ins Leben rufen, Details zu den Preisen sind aber noch nicht bekannt. Daneben verleiht Redbox auch Videospiele für zwei US-Dollar pro Tag, ein Geschäftsbereich, in dem auch Netflix Fuß fassen will.

Analysten verweisen darauf, dass zwei Drittel der US-Einwohner inzwischen in Ballungszentren leben und damit nur fünf Minuten weg von einem der Redbox-Kioske wohnen, die vor allem in Wal-Mart Stores, Drogerien und anderen Supermärkten aufgestellt sind.

Netflix sieht sich in Europa starker Konkurrenz gegenüber


Auch bei der Eroberung neuer Märkte wird Netflix keinesfalls leichtes Spiel haben. Informa Telecom & Media Analyst Nick Thomas verweist darauf, dass vor allem in England die Konkurrenz bereits groß sei. Hier sind neben der Amazon-Tochter Lovefilm, auch Blinkbox und vor allem BSkyB mit entsprechenden Streaming- bzw. DVD-Verleihangeboten am Start.

BSkyB ist Europas erfolgreichster Pay-TV-Sender und bringt die finanziellen Ressourcen mit, um einen Kampf um Marktanteile zu führen. Die Frage bleibe daher, ob Netflix den Willen, die finanzielle Mittel und die Inhalte habe, um sich im Wettbewerb gegen die etablierte Konkurrenz durchzusetzen, so der Informa-Analyst.

Die Antwort auf diese Frage will Netflix im nächsten Jahr geben. Anfang 2012 will Netflix in England und in Irland an den Start gehe, dabei nimmt das Unternehmen sogar Verluste in Kauf, um in Europa Fuß zu fassen. Leidtragende werden dabei zunächst die Anleger sein, die sich auf eine längere Durststrecke einstellen müssen.

Kurzportrait

Gegründet im Jahre 1998, gilt Netflix heute als weltweit führender Online-DVD-Verleihservice für private Konsumenten. Das im kalifornischen Los Gatos ansässige Unternehmen betreute zuletzt mehr als 23 Millionen registrierte Kunden, welche aus einer DVD-Datenbank bestehend aus über 100.000 Filmtiteln wählen können. Der Kombi-Service aus DVD-Verleih- und Straming-Service kostet 16 US-Dollar im Monat. Der Streaming only Service ist für 7,99 US-Dollar im Monat verfügbar.

Dabei stehen verschiedene Kategorien, von Actionfilme, bis Komödien, Erotik und Thriller zur Auswahl. Auch Nischenangebote, wie Naturfilme und Gesundheitsratgeber hat Netflix im Angebot. Das Geschäftsmodell von Netflix funktioniert denkbar einfach. Die bestellten DVDs treffen innerhalb von ein bis drei Tagen bei der angegebenen Lieferadresse ein. Der Kunde kann die DVDs solange behalten wie er will und zahlt keinen Versäumniszuschlag oder dergleichen. Der Kunde kann dabei permanent maximal drei DVDs im Haus behalten. Erst wenn der Kunde eine DVD zurückgibt, sendet Netflix die nächste DVD auf dem Wunschzettel an den Kunden. Derzeit kann Netflix mehr als die Hälfte seiner Kundschaft über den Express-Zustellungsservice erreichen, so dass die ausgeliehenen DVDs bereits am nächsten Tag im Briefkasten liegen.

Nachdem das Unternehmen vor Jahren sein erstes Vertriebszentrum eröffnet hat, kann das Unternehmen heute zahlreiche US-Bundesstaaten erreichen. Insgesamt betreibt Netflix über 18 Vertriebszentren darunter in Atlanta, Boston, Dallas, Denver, Detroit, Fort Lauderdale, Houston, Los Angeles, Minneapolis, New York, Newark, Phoenix, Philadelphia, San Jose, Stamford, Seattle und Washington. Im Frühjahr 2005 übernahm Netflix die Kundenbasis des Mitbewerbers Walmart.com, nachdem der US-Einzelhändler aus dem DVD-Verleihgeschäft weitgehend ausstieg. Gleichzeitig unterzeichneten beide Unternehmen eine Marketingvereinbarung, die Services des jeweilig anderen Unternehmens zu promoten. Anfang 2007 rief Netflix seinen Online-Download-Service "Watch Now" ins Leben, der kostenlos im Monatsabo enthalten ist. Seit September 2011 ist Netflix offiziell in Lateinamerika an den Start gegangen und nunmehr in 43 Ländern Lateinamerikas mit seinem Streaming-Service aktiv.

Seinen Stammkunden bietet Netflix darüber hinaus durch seinen Datenbankservice CineMatch einen zusätzlichen Service an. Der Kunde kann für Filme ein entsprechendes Rating abgeben, so dass die Software automatisch andere mit dem gleichen Thema verwandten Streifen empfiehlt. Gleichzeitig hat Netflix nach eigenen Angaben ständig aktuelle Hollywood-Produktionen im Angebot.

Zahlen

Im vergangenen dritten Quartal 2011 konnte Netflix seinen Umsatz um 49 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 822 Mio. US-Dollar steigern und damit die Umsatzerwartungen der Analysten um etwa neun Mio. Dollar übertreffen. Der Nettogewinn kletterte auf 62,5 Mio. US-Dollar oder 1,16 Dollar je Aktie, nach einem Profit von 38 Mio. Dollar oder 70 US-Cent je Aktie im Jahr vorher. Analysten hatten an dieser Stelle mit einem Profit von 96 US-Cent je Aktie gerechnet.

Per Ende September betreute Netflix nur noch 23,8 Millionen Kunden in den USA, ein Rückgang von 800.000 Abonnenten gegenüber Juni. Netflix hatte zuvor mit dem Verlust von nur 600.000 US-Kunden im Zuge der Preiserhöhung gerechnet. An der durchgeführten Preiserhöhung von bis zu 60 Prozent Anfang September will das Unternehmen aber weiter festhalten.

Markt und Wettbewerb

Meldung gespeichert unter: IPTV (Internet TV), Netflix, Hintergrundberichte, Internet

© IT-Times 2024. Alle Rechte vorbehalten.

Unternehmen / Branche folgen
Unsere Nachrichten auf Ihrer Website

Sie haben die Möglichkeit, mit unserem Webmaster-Nachrichten-Tool die Nachrichten von IT-Times.de kostenlos auf Ihrer Internetseite einzubauen.

Zugeschnitten auf Ihre Branche bzw. Ihr Interesse.

Unternehmen / Branche folgen
Unsere Nachrichten auf Ihrer Website

Sie haben die Möglichkeit, mit unserem Webmaster-Nachrichten-Tool die Nachrichten von IT-Times.de kostenlos auf Ihrer Internetseite einzubauen.

Zugeschnitten auf Ihre Branche bzw. Ihr Interesse.

Folgen Sie IT-Times auf ...