Infineon zieht die Notbremse

Dienstag, 27. Mai 2008 um 13:15
Infineon Technologies Unternehmenslogo

(IT-Times) Nach wochenlangen Querelen hat sich der Halbleiterkonzern Infineon Technologies AG (NYSE: IFX, WKN: 623100) von seinem bisherigen Lenker Wolfgang Ziebart getrennt. Damit zieht das Unternehmen einen Schlussstrich unter dem wochenlangen internen Machtkampf, den der nicht unumstrittene Aufsichtsratschef Max Dietrich Kley zusammen mit dem Leiter der Automobilsparte Peter Bauer zunächst für sich entscheiden konnte.

An der Börse wurde die Meldung allerdings zunächst negativ aufgenommen. Infineon-Aktien stürzten am Dienstag in Frankfurt um gut fünf Prozent ab. Dabei hatte der neue Infineon-Chef Peter Bauer auch gleich mit dem Projekt „IFX 10-Plus“ ein neues Sparprogramm vorgestellt, dass die Effizienz im Unternehmen verbessern und die Herstellungskosten senken soll. Marktbeobachter gehen davon aus, dass durch die Straffung der Organisation auch ein Stellenabbau einhergehen wird. Details hierzu will Infineon aber erst im Juli präsentieren.

Kooperation mit NXP wird wahrscheinlicher


Nachdem Ziebart nunmehr entmachtet ist, scheint eine engere Kooperation mit dem niederländischen Halbleiterhersteller NXP Semiconductors näher zu rücken. Ziebart soll sich nach Medienberichten zufolge gegen eine Zusammenarbeit mit NXP ausgesprochen haben, während Kley eine Kooperation mit der ehemaligen Philips-Einheit befürwortet habe. Analysten und Marktbeobachter sehen eine mögliche Fusion aber eher in einem negativen Licht. Zum einen sei NXP hochverschuldet, zum anderen passen die beiden Firmen nicht wirklich gut zusammen, glaubt man im Hause Independent Research.

NXP produziert mit 14 Fabriken hauptsächlich in Asien (China), wobei NXP-Produkte vornehmlich in Mobiltelefone, Media-Playern, TV- und set-top Boxen zum Einsatz kommen. Aber auch im Automobilbereich bietet NXP Produkte an. Zu den NXP-Direktkunden zählen unter anderem Apple, Dell, Ericsson, Nokia, Philips, Samsung, Sony, aber auch Siemens und Bosch. Apple wäre damit ein gemeinsamer Kunde von Infineon und NXP, wobei Infineon auch die Chips für die nächste iPhone-Generation (3G iPhone) mit UMTS-Unterstützung liefern dürfte, glauben die Analysten aus dem Hause UBS.

Doch trotz der positiven Ansätze überwiegt derzeit der Eindruck von Intigrantenstadl Infineon. Schon der Abgang des Ex-Vorstands Ulrich Schumacher war seinerzeit von zahlreichen Querelen begleitet und eine Personaldiskussion lähmte damals den Münchner Halbleitergiganten. Für Infineon-Aktionäre bleibt zu hoffen, dass die Personaldiskussionen nunmehr ein Ende haben und endlich Ruhe in Neubiberg einkehrt, um die bestehenden Probleme zu lösen...

Kurzportrait

Die in München ansässige Halbleiterhersteller Infineon Technologies wurde im Jahre 1999 aus der Siemens-Unternehmensfamilie ausgegliedert. Der Geschäftsbereich rund um Dynamic Random Access Memorys (DRAMs) ist in der Speichereinheit Qimonda zusammengefasst. Hier gilt das Unternehmen hinter Samsung als einer der weltweit größten Hersteller. Mitte 2006 gliederte Infineon seine Speichersparte Qimonda aus, an welchem das Unternehmen zuletzt noch eine Beteiligung von rund 77,5 Prozent hielt. Langfristig will Infineon seine Beteiligung an Qimonda auf unter 50 Prozent zurückfahren.

Daneben entwickelt Infineon aber auch Sensoren, Microcontroller und Integrated Circuits (ICs) für den Unterhaltungselektronikbereich. Nach der Abspaltung von Qimonda will sich Infineon vor allem auf drei Bereiche konzentrieren: Energieeffizienz, Kommunikation und Sicherheit.

Mit seiner Produktpalette visiert das Unternehmen sowohl die Automobil- als auch die Elektronikindustrie an. Infineon agiert dabei nicht nur in Europa, sondern auch in Nordamerika, Asien und Japan. In Taiwan betreibt das Unternehmen das Joint Venture Inotera Memories, welches gemeinsam mit der taiwanschen Nanya Technologies im Jahre 2002 gegründet wurde. Das Joint Venture Inotera Memories wurde im März 2006 in Taiwan an die Börse gebracht. Im Jahr 2002 übernahm Infineon bereits für rund 400 Mio. Euro das Kerngeschäft von Ericsson Microelectronics. Im Jahr 2007 kaufte Infineon das Mobility-Geschäft des US-Chipspezialisten LSI. Zugleich wurden die DSL CPE Aktivitäten von Texas Instruments übernommen. Im Jahr 2008 kaufte Infineon den Power-Management-Spezialisten Primarion.

Die ehemalige Konzernmutter Siemens ist nach wie einer der größten Kunden Infineons. Weitere Großkunden sind Nokia, Bosch, Schlumberger, Samsung, LG Electronics, Motorola, Scientific-Atlanta und Sony. Auch der Redmonder Softwarekonzern Microsoft gehört zum Kundenkreis des Unternehmens. In der neuen Spielkonsole Xbox 360 finden sich gleich drei Chipsätze der Münchner. Infineon beschäftigte zuletzt mehr als 36.000 Mitarbeiter weltweit, wovon allein 7.400 Spezialisten in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Unternehmens tätig sind.

Zahlen

Der Umsatz der Infineon AG inklusive Qimonda legte im zweiten Fiskalquartal 2008 von 978 Mio. Euro auf 1,05 Mrd. Euro zu. Aufgrund der buchhalterischen Trennung von Qimonda weist Infineon nun im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2008 einen Gewinn vor Steuern und Zinsen in Höhe von 36 Mio. Euro aus.

Die Gewinn- und Verlustrechnung von Infineon wird künftig in den verschiedenen Positionen nur noch die Ergebnisse der Infineon-Segmente ohne Qimonda ausweisen. Ergebnisse von Qimonda werden unter „nicht fortgeführte Aktivitäten“ gelistet

So verbesserte sich das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) von Infineon allein von einem Verlust von 29 Mio. Euro auf einen Überschuss in Höhe von 36 Mio. Euro. Das Ergebnis aus den „fortgeführten Aktivitäten“, also Infineon selbst, stieg von minus 25 Mio. Euro auf plus 19 Mio. Euro, das Ergebnis nach Steuern aus den „nicht fortgeführten Aktivitäten“, also Qimonda, brach dementsprechend deutlich von einem Überschuss von 49 Mio. Euro in 2007 auf einen Verlust von 1,39 Mrd. Euro im zweiten Quartal 2008 ein. Daraus ergibt sich ein Konzernfehlbetrag in Höhe von 1,37 Mrd. Euro für das zweite Quartal des Geschäftsjahres 2008. Dieser beinhaltet Infineons Anteil an Qimondas operativer Fehlbetrag in Höhe von 482 Mio. Euro. Entsprechend stürzte der Fehlbetrag je Aktie von 0,01 Euro auf 1,82 Euro.

Markt und Wettbewerb

Infineon gilt in Europa als zweitgrößter Chiphersteller hinter STMicroelectronics. Insbesondere in Europa sieht sich Infineon der Konkurrenz von Philips Semiconductor und STMicroelectronics gegenüber. Die Tochter des niederländischen Elektronikkonzerns entwickelt neben analogen Halbleitern auch Integrated Circuits (ICs). Die Chips der Niederländer kommen dabei sowohl in TV-Fernsehern, als auch in der Automobilindustrie zum Einsatz. Zu den weiteren Wettbewerbern gehört unter anderem auch Analog Devices.

Meldung gespeichert unter: Infineon Technologies, Hintergrundberichte, Halbleiter

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