Amazon.com rüstet sich für digitales Zeitalter und nimmt höhere Kosten in Kauf

Montag, 26. Juli 2010 um 13:31
Amazon Unternehmenslogo

(IT-Times) - Der Online-Einzelhändler Amazon.com (Nasdaq: AMZN, WKN: 906866) enttäuschte die Märkte Ende der Vorwoche mit einem schwachen Gewinnausblick für das laufende dritte Quartal, worauf der Amazon-Aktienkurs deutlich unter die Räder geriet. Amazon.com sieht sich unter Druck, neue Geschäftsbereiche zu erschließen, nachdem sich das Wachstum im Kerngeschäft - dem Handel von Elektronik, DVDs und Büchern - zunehmend verlangsamt.

Darüber hinaus belasteten höhere Kosten das Ergebnis, nachdem Amazon.com laut Aussagen von Finanzchef Tom Szkutak im jüngsten Quartal weitere 2.200 neue Mitarbeiter einstellte, nachdem bereits im ersten Quartal rund 1.800 neue Mitarbeiter neu hinzukamen. Damit beschäftigte Amazon.com zum Ende des ersten Halbjahres rund 28.300 Mitarbeiter.

Amazon.com leidet unter steigenden Kosten


Insgesamt stiegen die Kapital- bzw. Investitionsausgaben im jüngsten Quartal auf 196 Mio. US-Dollar, nachdem Amazon.com seine bestehenden Warenhäuser und Abwicklungszentren weiter ausbaute, um seine Produkte zeitgerecht an die Kunden auszuliefern. Der jüngste Sprung bei den Kapitalausgaben war damit der größte Zuwachs seitdem zweiten Quartal 2005. Amazon.com hat damit seine Kapitalausgaben in den vergangenen zwei Quartalen mehr als verdoppelt.

Nicht wenige Analysten werten diesen Trend als dickes Minus. BGC Partners Analyst Colin Gillis empfiehlt daher Amazon-Aktien zum Verkauf. Der Analyst glaubt, dass Amazon.com derzeit massiv investieren muss, um seine Zukunft zu sichern. Durch die Verbreiterung der Produktlinie mache sich Amazon.com zudem auch von den Verbraucherausgaben abhängig, glaubt der Analyst.

Daneben baut Amazon.com nicht nur die Kapazitäten bei seinen Auslieferzentren aus, sondern versucht auch bei seinen Datenzentren nachzulegen. Hintergrund ist der Geschäftsbereich Amazon Web Services (AWS), der im Jahr 2006 ins Leben gerufen wurde und sich seither regem Interesse erfreut. Im April war Amazon.com mit seinem AWS-Service in Singapur expandiert, um Wachstumschancen in Asien wahrzunehmen.

Apple überholt Amazon.com im eBook-Reader-Markt


Aber nicht nur steigende Kosten sorgen bei Analysten für Stirnrunzeln. Auch der steigende Wettbewerb in neuen Märkten wie im eBook-Reader-Markt bereitet den Analysten sorgen. Um gegen Apples iPad und dem Nook (Barnes & Noble) weiter konkurrenzfähig zu bleiben, musste Amazon.com den Preis für seinen Kindle jüngst deutlich senken.

Amazon.com veröffentlicht zwar keine Kindle-Verkaufszahlen, bei Susquehanna Financial schätzt man aber, dass der Online-Händler im vergangenen Quartal etwa drei Millionen Kindle absetzen konnte. Damit hätte Apple Amazon.com bereits überholt, denn der Mac-Hersteller konnte im jüngsten Quartal bereits 3,27 Millionen verkaufte iPads melden.

Dennoch dürfte der Kindle in diesem Jahr 2,38 Mrd. Dollar zum Amazon-Gesamtumsatz beisteuern, schätzen die Analysten bei Caris & Co. Trotz sinkender Gewinnmargen infolge der Preissenkungen scheint dies aber der richtige Schritt, denn die Hersteller verdienen ohnehin nicht ihr Geld mit dem Verkauf der Hardware, sondern mit dem Verkauf von eBooks, wie jüngst die Marktforscher aus dem Hause iSuppli feststellten.

Mit der neuen iPad App, über die eBooks von Amazon.com auch auf den neuen Apple Tablet PC lesbar sind, hat Amazon.com daher den richtigen Weg eingeschlagen…

Kurzportrait

Die in Seattle ansässige Amazon.com öffnete seine virtuellen Einkaufstüren im Jahre 1995. Als Online-Buchhändler an den Start gegangen, entwickelte sich das Unternehmen in den letzten Jahren zu einem universellen Online-Kaufhaus, das nicht nur Bücher, sondern auch Musik-CDs, Videos, DVDs, Spielzeug, Computerspiele, Elektrogeräte, Küchenzubehör, Lebensmittel (Amazon Fresh) und vieles mehr anbietet. Nach eigenen Angaben nach bietet Amazon.com damit das weltweit größte Produktangebot im weltweiten Datennetz. Insgesamt ist das Internet-Unternehmen in mehr als 220 Ländern weltweit aktiv und betreut über 80 Millionen Kunden. Insgesamt operiert Amazon.com heute aus zwei Kerngeschäftsbereichen heraus: Nordamerika und International.

Neben dem eigentlichen Online-Produktangebot, bietet Amazon.com aber auch Auktionen und E-Commerce Plattformen (zShops) für Geschäftskunden an. Inzwischen können auch gebrauchte Produkte über die Internet-Plattform von Amazon.com verkauft werden.

Daneben hält der Online-Händler noch zahlreiche Beteiligungen an anderen Internet-Unternehmen. Über die Einheit Amazon.com Anywhere will das Unternehmen den Markt für den mobilen E-Commerce erschließen. Wenn es nach Amazon.com geht, sollen Kunden in naher Zukunft mit Hilfe des Mobiltelefons ihre Einkäufe erledigen können. Zuletzt konnte das Unternehmen mit Preisnachlässen und seinem Flate-Rate-Lieferservice (Amazon Prime) bei den Kunden punkten.

Neben den USA ist das Unternehmen vor allem aber auch in Europa verstärkt aktiv. Niederlassungen in Asien und in Lateinamerika ergänzen den globalen Auftritt des weltweit führenden Online-Händlers. Nachdem Amazon.com in den Jahren 1999 mit Exchange.com, Accept.com und Alexa Internet einen dreistelligen Millionenbetrag für Zukäufe ausgab, stieg das Unternehmen in 2004 mit seiner Suchmaschine A9.com in den Markt für bezahlte Links ein. Mitte 2005 übernahm Amazon.com den DVD-Spezialisten CustomFlix Labs. Die Amazon-Tochter bietet erfolgreich DVD on Demand-Dienste an. Zugleich wurde der On-Demand-Spezialist BookSurge aufgekauft. In 2006 übernahm Amazon.com den US-Händler Shopbob. Im Frühjahr 2007 schluckte Amazon.com die englische Fotoseite dpreview.com Ende 2007 brachte Amazon seinen eBook-Reader Amazon Kindle auf den Markt und startete gleichzeitig die Frage- und Antwortseite Askville.com. Mit Audible, Shelfari, AbeBooks.com, Withoutabox, Fabric.com und dem Spielespezialisten Reflexive wurden in 2008 weitere Zukäufe getätigt. Nach der Übernahme von SnapTell, übernahm Amazon.com in 2009 den Online-Schuhhändler Zappos.com. Zudem kündigte Amazon.com mit AmazonBasics eine eigene Produktlinie an. Anfang 2010 schluckte Amazon.com mit Touchco zudem einen TouchScreen-Display-Spezialisten.

Mit seinem Online-Buchshop Yoyo.com ist Amazon.com auch in China präsent. Durch eine Kooperation mit dem DVR-Spezialisten TiVo können Amazon-Kunden Filme über die Amazon-Seiten (Amazon Unbox) herunterladen und auf dem Fernseher abspielen.

Der visionäre Unternehmensgründer Jeff Bezos, welcher gleichzeitig als CEO der Gesellschaft fungiert, hält zusammen mit seiner Familie etwa ein Drittel der Anteile am Unternehmen.

Zahlen

Für das vergangene Juniquartal meldet Amazon.com einen Umsatzsprung um 41 Prozent auf 6,6 Mrd. Dollar. Dabei verdiente der Online-Händler 207 Mio. Dollar oder 45 US-Cent je Aktie, ein Zuwachs von 45 Prozent gegenüber dem Vorjahr, als das Unternehmen einen Profit von 142 Mio. Dollar oder 32 US-Cent je Aktie melden konnte. An der Wall Street hatte man im Vorfeld allerdings mit einem Nettogewinn von 54 US-Cent je Aktie bei Einnahmen von 6,54 Mrd. Dollar gerechnet.

Insbesondere steigende Kosten sorgten dafür, dass der Gewinn hinter den Markterwartungen zurückblieb. So kletterten die operativen Kosten im jüngsten Quartal um 40 Prozent auf 6,3 Mrd. Dollar. Amazon-Finanzchef Tom Szkutak führt den Kostenanstieg auf die Bemühungen von Amazon.com zurück, eingehende Bestellungen zeitgerecht auszuliefern. Allein in diesem Jahr kamen 13 neue Abwicklungscenter hinzu, wobei der Online-Händler in diesem Zusammenhang 2.200 neue Mitarbeiter einstellte.

Am stärksten wuchs im jüngsten Quartal der Geschäftsbereich General Merchandise, in der Elektronikgeschäft zusammengefasst ist. Hier verzeichnete Amazon.com einen Zuwachs von 69 Prozent auf 3,5 Mrd. Dollar. Das Geschäft mit dem Verkauf von Büchern, CDs, DVDs und anderen Medien kletterte um 18 Prozent auf 2,9 Mrd. Dollar.

Meldung gespeichert unter: E-Commerce, Amazon, Hintergrundberichte, Internet

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