Wirecard: Der unbekannte Mann, der hinter den überteuerten M&A Deals steckt

E-Commerce: Digitale Bezahllösungen (Digital Payment)

Freitag, 20. November 2020 um 09:59
Wirecard Singapur

ASCHHEIM/MÜNCHEN (IT-Times) - Der deutsche Payment-Dienstleister Wirecard ist Vergangenheit. Das Unternehmen ist insolvent, der Insolvenzverwalter versucht, die restlichen Assets noch zu verkaufen, koste es was es wolle.

Das Wall Street Journal (WSJ) berichtete jüngst, dass bei den Akquisitionen der Wirecard AG im Ausland immer wieder ein Name auftauchte, der als Berater des Managements hinter den Transaktionen steckt. 

Es geht um Henry O’Sullivan, ein externer Berater, der für mehrere Übernahmen der Wirecard AG tätig gewesen sein soll, die zum Teil auch Gegenstand laufender Ermittlungen sind, um den Zusammenbruch des Payment-Anbieters aufzudecken.

O’Sullivan soll Akquisitionen in Asien und Afrika selbst vorgeschlagenen haben, die zu einer größeren Gruppe von Angeboten gehörten, die zu überhöhten Werten durchgeführt wurden, so mit der Sache vertraute Personen.

So sollen mehr als eine Mrd. US-Dollar über Akquisitionen, gefälschte Softwareprogrammverträge und Scheinkredite aus dem Unternehmen abgeflossen sein. Das wirft natürlich die Frage auf, ob der Aufsichtsrat von Wirecard nicht informiert war.

O’Sullivan soll als auch Berater des ehemaligen COO von Wirecard, Jan Marsalek, bei der Übernahme eines südafrikanischen Unternehmens, MyGate, involviert gewesen sein. Ein Teil des Erlöses für MyGate wurde an eine Unit in Russland gezahlt, die nicht Eigentümer des Unternehmens war.

Gestern wurde der in Augsburg in Haft sitzende Ex-Vorstandsvorsitzende Markus Braun vor den Untersuchungsausschuss des Bundestages geladen, er verweigerte zusammen mit seinem Rechtsanwalt jegliche Aussage, was zu erwarten war.

Die Vorwürfe gegen Braun sind immens, belastet wird er durch den Kronzeugen Oliver Bellenhaus, der bereits auspackte, aber auch ehemalige Mitglieder des Aufsichtsrates und Manager der Wirecard AG haben gegen Braun ausgesagt.

Es scheint so, als ob sich bei Wirecard alles um Braun drehte und er der Drahtzieher und der flüchtige Jan Marsalek (Ex-COO) sein Handlanger war. Braun bestreitet alles und teilte lediglich mit, die Wirecard AG sei vermutlich Opfer eines Betruges geworden – da hat er recht.

Die Staatsanwaltschaft sprach bereits von Chorgeist und Treueschwüren, eine Umgangsweise, die man vom Militär kennt. Möglicherweise bediente sich Braun auch Methoden der psychologischen Kriegsführung bei Mitarbeitern, um diese einzuschüchtern.

Der Unternehmensberater Henry O’Sullivan soll bei insgesamt zehn Akquisitionen der Wirecard AG als Berater aktiv gewesen sein und wurde dafür bezahlt. Er könnte wichtige Hinweise zur Aufdeckung des riesigen Betrugs liefern.

O’Sullivan war mutmaßlich auch bei der völlig überteuerten Übernahme eines Unternehmens in Indien in 2015 dabei. Die Akquisition dürfte eines der Schlüssel-Deals sein, wie Mittel aus der Wirecard in dunkle Kanäle abgeflossen sind.

Dazu bedient man sich sogenannter Mittelsmänner, die zwischengeschaltet wurden, um die echten Transaktionen zu vertuschen. Hier dürfte auch die Insel Mauritius bzw. eine dort registrierte Fondsgesellschaft eine Rolle übernommen haben.

Mauritius ist deshalb so interessant, weil bei einem Kauf eines indischen Unternehmens durch Wirecard eine Gesellschaft als Mittelsmann zwischengeschaltet wurde, deren Sitz mit Mauritius angegeben wurde.

Die Zentralbank von Mauritius und die Financial Services Commission (FSC) haben eine gemeinsame Untersuchung der Zahlungsvorgänge angeordnet und ermitteln weiter.

Es war die größte Akquisition der Wirecard AG in der Unternehmensgeschichte. Braun hatte die Transaktion seinerzeit als „wichtigen Schritt“ propagiert, in Indien als bedeutende Wachstumsregion Fuß zu fassen.

Im Oktober 2015 kündigte Wirecard an, einen kleinen Payment-Anbieter mit dem Namen Hermes I-Tickets Private Ltd. sowie GI Technology, das Payment-Business von Great India Retail, zu übernehmen.

Gekauft wurde ein „Retail-gestütztes E-Commerce-Netzwerk “ sowie mehrheitlich ein „inländischer (IMPS) Überweisungsdienstleister“, Emittent von lizenzierten Prepaid Zahlungsinstrumenten (PPI).

Meldung gespeichert unter: Mobile Payment, E-Commerce, Online-Payment, Insolvenz, Wirecard, Hintergrundberichte, Software, IT-Services

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