Navigiert sich TomTom ins Abseits?

Donnerstag, 26. Februar 2009 um 13:20
TomTom

(IT-Times) Die milliardenschwere Übernahme des Straßenkartenanbieters Tele Atlas droht den niederländischen Navi-Hersteller TomTom N.V. (WKN: A0ET88) in die Tiefe zu reißen. Im jüngsten Quartal musste das Unternehmen Abschreibungen in Höhe von 1,1 Mrd. Euro auf den damaligen Kaufpreis von 2,9 Mrd. Euro vornehmen.

Durch den Zukauf hat sich TomTom hoch verschuldet und wird möglicherweise entsprechende Kreditvereinbarungen nicht erfüllen können, warnt TomTom-Chef Harold Goddijn. Aus diesem Grund prüfen die Niederländer derzeit verschiedene Optionen, wie man dem derzeitigen Schlamassel am Besten entkommen kann.

TomTom verschluckt sich an Tele Atlas


Das Unternehmen braucht zum einen das Geld, um seine Produkte und Services weiter zu entwickeln und um neue Märkte zu erschließen. Zum anderen muss das Unternehmen seine Verschuldung weiter zurückfahren. Dies funktioniert jedoch nur, wenn sich portable Navigationsgeräte weiterhin gut verkaufen und TomTom weiterhin gutes Geld verdient.

Dies war bis zuletzt noch der Fall, jedoch sanken die durchschnittlichen Verkaufspreise für die Geräte rapide. Im Vorjahr brachen die Verkaufspreise um teilweise bis zu 30 Prozent ein, was dazu führte, dass die Gewinnmargen der Hersteller zusammenschrumpften. TomTom hat zwar Anfang Februar die Notbremse gezogen und angekündigt, sieben Prozent der Stellen bzw. 115 Jobs abbauen zu wollen. Damit sind die Probleme aber noch lange nicht behoben.

Microsoft reicht Patentklage ein


Nicht genug der schlechten Nachrichten, reichte nunmehr auch noch der US-Softwarekonzern Microsoft eine Patentklage gegen TomTom vor einem US-Bezirksgericht ein. Das US-Softwarehaus wirft dem Navi-Hersteller vor, insgesamt acht Patente verletzt zu haben. Laut Microsoft habe man über ein Jahr vergeblich versucht mit TomTom über Lizenzzahlungen zu verhandeln - ohne Erfolg. Der Rechtsstreit mit Microsoft dürfte bei TomTom zusätzliche Kosten verursachen, auch wenn noch nicht feststeht, wie das Gerichtsverfahren in den USA endet.

Die Verhandlungen bezüglich der Refinanzierung seiner Schulden und dem drohenden Rechtsstreit mit Microsoft binden bei TomTom weitere Ressourcen, die das Unternehmen jedoch braucht, um wichtige Kernfragen zu lösen. Der Markt für Navis hat seinen Höhepunkt längst überschritten, wobei zunehmend GPS-Handys im Vormarsch sind, wie die Marktforscher aus dem Hause Canalys jüngst festgestellt haben. Auf diese Probleme hat TomTom bislang noch keine hinreichende Antwort gefunden…

Kurzportrait

Die im Jahre 1991 gegründete und in Amsterdam/Niederlande ansässige TomTom NV ist Europas führender Anbieter von portablen Navigationsgeräten. Das Unternehmen wurde ursprünglich von Peter-Frans Pauwels und Pieter Geelen unter dem Namen Palmtop gegründet. Im Jahre 2001 wurde das Unternehmen mit einem neuen Fokus neu ausgerichtet und das Management entschied sich für die Umbenennung in TomTom.

Seither hat sich das Unternehmen einem der weltweit führenden Anbieter von mobilen Kommunikationsgeräten entwickelt. Die Gesellschaft betreut heute über 200.000 Kunden in mehr als 16 Ländern weltweit. Das Unternehmen verkauft seine Produkte sowohl über das Internet als auch über ein umfangreiches Partnernetz. Entsprechend ist TomTom heute nicht mit Niederlassungen in Europa, sondern auch in Nordamerika und Asien präsent.

Das Unternehmen bietet derzeit Produkte aus drei Kernproduktbereichen an: Autonavigation, Motorrad-Navigation, PDA/Handy-Navigation. Im Bereich Autonavigation ist TomTom mit den beiden Produktreihen TomTom Go und TomTom ONE präsent. Im Bereich Motorrad-Navigation ist TomTom mit der Produktreihe RIDER am Start. Im Bereich PDA- und Handy bietet TomTom insbesondere Software und Kartenmaterial an. Die Anwendung TomTom Navigator 6 beinhaltet umfangreiches Kartenmaterial an und ist in Kombination mit dem HP iPAQ Mobile Messenger als All-In-One-Lösung verfügbar. Das Kartenmaterial wird ständig aktualisiert und die Niederländer bieten mit ihrem TomTom PLUS Service weitere Zusatzdienste wie Verkehrs- und Wetterinfos in Echtzeit, oder auch Informationen über Radarkameras auf der entsprechenden Route an. Ende 2007 verstärkte sich TomTom im Bereich digitales Kartenmaterial und übernahm den Straßenkarten-Lieferanten Tele Atlas. Zudem expandierte TomTom nach Brasilien und Russland.

Daneben bietet TomTom aber auch verschiedenes Zubehör rund um seine Produkte an, die sich bequem über die Firmenwebseite bestellen lassen. Dazu gehören Ladegeräte, Tragetaschen, Befestigungen und andere Halterungen.

Zahlen


Im vierten Quartal 2008 belief sich der Umsatz auf 528 Mio. Euro, ein Rückgang gegenüber dem Vorjahresergebnis von 696 Mio. Euro. Auch der Bruttogewinn fiel mit 238 Mio. Euro im vierten Quartal 2008 geringer aus als im Vorjahreszeitraum mit 354 Mio. Euro. Entsprechend verringerte sich auch die Bruttomarge von 45 auf 51 Prozent. TomTom erzielte ein EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) von 82 Mio. Euro (2007: 151 Mio. Euro). Die entsprechende Marge reduzierte sich von 24 Prozent in 2007 auf 16 Prozent.

Auch das operative Ergebnis ging gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurück und lag bei minus 994 Mio. Euro nach plus 114 Mio. Euro im Jahr zuvor. Das Nettoergebnis konnte mit minus 989 Mio. Euro ebenfalls nicht an die Summe aus dem Vorjahr von plus 107 Mio. Euro anknüpfen. Entsprechend reduzierte sich auch das Ergebnis je Aktie von plus 87 Cent auf minus 8,02 Euro.

Auch im Gesamtjahr 2008 musste TomTom einen Umsatzrückgang hinnehmen: Nach 1,74 Mrd. Euro in 2007 wurden nun nur noch 1,63 Mrd. Euro erzielt. Der Bruttogewinn lag mit 781 Mio. Euro jedoch leicht über dem Vorjahreswert von 764 Mio. Euro, was einer Veränderung der Bruttomarge von 44 auf 47 Prozent entspricht. Das niederländische Unternehmen reichte mit einem EBITDA von 320 Mio. Euro ebenfalls nicht an den Vorjahreswert von 451 Mio. Euro heran. Die Marge sank von 26 Prozent auf 19 Prozent. Nach einem operativen Gewinn von 428 Mio. Euro in 2007 wies TomTom in 2008 nun minus 801 Mio. Euro aus. Das Nettoergebnis summierte sich auf minus 873 Mio. Euro (2007: plus 317 Mio. Euro). Entsprechend sank das Ergebnis der Aktie von plus 2,66 Euro auf minus 7,13 Euro.

Markt und Wettbewerb

Dem Markt für mobile Navigationssysteme werden in den nächsten Jahren weiter hohe Zuwachsraten bescheinigt. Die Marktforscher aus dem Hause iSuppli rechnen für portable Navigationssysteme mit einem Anstieg des Umsatzvolumens auf 17 Mrd. Dollar bis 2013. TomTom gilt in Europa als Marktführer und als die Nummer zwei in Nordamerika.

Meldung gespeichert unter: TomTom, Hintergrundberichte, Hardware

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