Electronic Arts drückt den Reset-Button

Donnerstag, 5. Februar 2009 um 12:44
Electronic Arts

(IT-Times) Längst hat die Wirtschaftskrise auch die Spielebranche erfasst. Schmerzlich zu spüren bekam dies zuletzt der amerikanische PC- und Videospielentwickler Electronic Arts (Nasdaq: ERTS, WKN: 878372).

Die weltweite Nummer zwei der Branche musste im jüngsten Quartal - ausgenommen etwaiger Sondereffekte - einen kräftigen Gewinnrückgang hinnehmen. Das Unternehmen sah sich nunmehr gezwungen, die Notbremse bei den Kosten zu ziehen. So will EA seine gesamte Kostenstruktur auf den Prüfstand stellen. Zunächst sollen rund 1.100 Stellen bzw. elf Prozent der gesamten Belegschaft abgebaut werden. Dadurch sollen die Kosten um 500 Mio. Dollar jährlich sinken.

Darüber hinaus will EA mehr Spiele für die erfolgreiche Nintendo Wii entwickeln. Zuletzt stand der Videospielehersteller immer wieder in Kritik, nicht genügend Titel für die Wii im Angebot zu haben. Hintergrund war eine Fehleinschätzung des Managements, das zunächst auf anziehende Verkaufszahlen der PS3 und der Xbox 360 gesetzt hatte.

Ferner setzt das Unternehmen weiterhin auf Qualität statt auf Quantität. So hat sich EA entschieden, potentielle Spielehits wie „Godfather 2“ und „Dragon Age“ auf die nächsten Quartale bzw. auf das Fiskaljahr 2010 zu verschieben. Auch „Sims 3“ wird erst am 3. Juni dieses Jahres auf den Markt kommen. Andere Projekte wie der Shooter „Tiberium“ wurden bereits gänzlich gestrichen.

Warhammer Online enttäuscht


Besonders enttäuschend ist jedoch der Vorstoß von EA im Bereich der massiven Multiplayer-Spiele (MMORPGs). EA wollte mit „Warhammer Online: Age of Reckoning“ den bisherigen Marktführer Activision Blizzard und dessen Welthit „World of Warcraft“ angreifen. Nachdem „Warhammer Online“ im November noch über 800.000 registrierte Nutzer verzeichnete, waren es am Quartalsende nur noch etwas mehr als 300.000 Online-Spieler. Ein dramatischer Rückgang und eine große Enttäuschung.

Der Erfolg in diesem Bereich ist deswegen so wichtig, da der große Rivale Activision Blizzard inzwischen rund die Hälfte seines gesamten Gewinns im Fiskaljahr 2009 durch „World of Warcraft“ erzielt haben dürfte, meint Stern Agee Analyst Arvind Bhatia.

Die Hoffnungen bei EA liegen nunmehr nicht nur auf den Marktstart von „Warhammer Online“ in Asien und in Russland, sondern insbesondere auf den zweiten großen MMORPG-Titel „Star Wars: The Old Republic“, der bereits in Arbeit ist. Doch ob der Science-Fiction-Titel wirklich die Massen begeistern kann, bleibt zunächst abzuwarten.

Nach der gescheiterten Übernahme von Take-Two hat EA rund zwei Mrd. US-Dollar in der Kriegskasse, die das Unternehmen nach eigenen Aussagen allerdings nur für kleinere Studiozukäufe nutzen will. Doch was EA wirklich derzeit brauch, wäre ein großer Wurf im Bereich Online-Spiele, um hier die Lücke zum Branchenprimus Activision Blizzard zu schließen…

Kurzportrait

Electronic Arts (EA), ansässig im kalifornischen Redmond, entwickelt seit 1982 Computerspiele. Dabei spezialisiert sich das Unternehmen nicht nur auf eine Plattform, sondern bietet sowohl für den PC, als auch für die Plattformen von Sony, Nintendo Microsoft entsprechende Spiele an. Vor allem durch legendäre Titel wie Madden NFL, SimCity, und Ultima Online machte sich das Unternehmen einen Namen. Das Haus publiziert seine populären Titel unter den Marken EA Sports, EA Games, sowie unter den übernommen Marken Origin, DreamWorks Interactiv, Black Box Games und Maxis. Später beteiligte sich das Unternehmen an dem schwedischen Entwicklerstudio Digital Illusions, welches Ende 2004 vollständig übernommen wurde. Gleichzeitig schloss EA im Oktober die Übernahme von Criterion Software ab. Anfang 2005 beteiligte sich EA mit 19,9 Prozent an dem französischen Spielentwickler Ubisoft. Ende 2005 übernahm man den führenden Entwickler von Mobilfunkspielen Jamdat Mobile. Jamdat wurde inzwischen in die Einheit EA Mobile integriert. Mitte 2006 kaufte EA den Online-Rollenspielspezialisten Mythic Entertainment, aus der die Einheit EA Mythic hervorging. Ende 2006 schluckte EA das auf die Wii-Konsole spezialisierte Entwicklerstudio Headgate Studios. Im Frühjahr 2007 beteiligte sich EA mit 15 Prozent an dem chinesischen Online-Spielespezialisten The9, nachdem man sich bereits 19 Prozent der Anteile an dem südkoreanischen Online-Spielespezialisten Neowiz sicherte. Mitte 2007 eröffnete EA ein eigenes Büro in Moskau, um den russischen Markt besser bedienen zu können. Ende 2007 übernahm EA mit BioWare und Pandemic zwei weitere Entwicklerstudios. Später kaufte EA mit Hands-On-Mobile und ThreeSF erneut zu. Ende 2008 übernahm EA das südkoreanische Entwicklerstudio J2M.

Ferner vertreibt das Unternehmen über 4.000 Spieletitel von Drittanbietern. Dieses Geschäft trug in der Vergangenheit etwa ein Fünftel des gesamten Umsatzvolumens von EA. Über das Internet-Portal EA.com bietet das Unternehmen nicht nur einen kostenlosen Online-Spieledienst an, sondern auch gebührenpflichtige Services.

Daneben betreibt das Unternehmen die Tochter und Spieleplattform pogo.com im Internet. Pogo.com versteht sich als eine Online-Spielgemeinschaft. Die Plattform verzeichnet inzwischen mehr als 1,7 Mio. registrierte Nutzer. Gleichzeitig betreibt EA aber auch den Game Channel im Rahmen des Online-Angebots von America Online.

Zahlen

Für das vergangene Dezemberquartal konnte EA seinen Nettoumsatz noch um zehn Prozent auf 1,65 Mrd. US-Dollar steigern, dabei musste der Spielespezialist allerdings zunächst einen Verlust von 641 Mio. Dollar oder 2,0 Dollar je Aktie hinnehmen, nachdem im Vorjahr schon ein Minus von 33 Mio. Dollar oder zehn US-Cent je Aktie zu Buche stand.

Ausgenommen außergewöhnlicher Sonderbelastungen durch Restrukturierungskosten konnte EA im jüngsten Quartal ein Plus von 56 US-Cent je Aktie realisieren, womit das Entwicklerstudio deutlich hinter den Markterwartungen der Analysten zurückblieb. An der Wall Street hatte man zunächst mit höheren Einnahmen sowie mit einem Nettogewinn von 90 US-Cent je Aktie gerechnet.

Um die Kosten zu drücken, hat EA den Abbau von 1.100 Stellen bzw. elf Prozent seiner Belegschaft sowie die Schließung von 12 Standorten angekündigt. Dies werde zunächst zu Belastungen zwischen 65 und 75 Mio. Dollar in den nächsten 12 Monaten führen, heißt es. Langfristig erhofft sich EA von diesem Schritt Einsparungen in Höhe von 500 Mio. Dollar.

Meldung gespeichert unter: Electronic Arts, Hintergrundberichte, Spiele und Konsolen

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