Premiere wird zum Spielball der Rechteinhaber

Freitag, 12. Oktober 2007 um 12:51
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(IT-Times) Die Rückkehr von Leo Kirch in die Bundesliga sorgte beim deutschen Pay-TV-Anbieter Premiere AG (WKN: PREM11) zuletzt für kräftige Kursverluste. Der Medienmogul meldete sich mit einem spektakulären Deal zurück und sicherte sich für rund drei Mrd. Euro für sechs Jahre die Rechte an der Fußball-Bundesliga.

Kirch kündigte an, die Rechte öffentlich versteigern zu wollen, worauf Premiere den Fehdehandschuh aufnahm und eine Teilnahme an dieser Auktion ankündigte. Marktbeobachter und Analysten glauben nunmehr, dass Premiere deutlich mehr für die künftigen Bundesliga-Rechte hinblättern muss, immerhin hat Kirch den Vereinen 500 Mio. Euro pro Spielzeit und Saison zugesichert. Analysten der LBBW mutmaßen, dass die künftigen Bundesliga-Rechte Premiere bis zu 290 Mio. Euro kosten könnten. Bei entsprechender Exklusivität könnten die Kosten sogar auf 400 Mio. Euro steigen, glauben Deutsche Bank-Analysten.

Doch Premiere steckt in der Zwickmühle. Verzichtet der Pay-TV-Sender auf die Live-Übertragung der Bundesliga, scheint ein Abonnentenrückgang vorprogrammiert. Erhöht der Sender die Preise, werden die Abonnentenzahlen vermutlich weniger stark wachsen, oder gar einbrechen. Das Ziel von dauerhaft über vier Mio. Abonnenten scheint daher auf der Kippe zu stehen.

Die große Unbekannte Komponente im Spielereigen um Macht, Rechte und Vermarktung spielen dabei die öffentlich-rechtlichen Sender. Während das ZDF für vergleichbare Rechte nicht tiefer in die Tasche greifen will, rechnen Experten damit, dass sich die ARD die „Sportschau“ bis zu 150 Mio. Euro kosten lassen wird, um die beliebte Sendung zu halten. Premiere jedoch will nur mehr bezahlen, wenn dem Pay-TV-Sender mehr Exklusivität garantiert wird - das heißt, der Sendeplatz der „Sportschau“ um 18.30h soll fallen.

TV-Branche hat Höhepunkt überschritten


Ganz unabhängig wie die Machtspiele der großen Medienkonzerne ausgehen - ein Verlierer steht jetzt schon fest: Premiere. Dies hat offenbar auch der ehemalige Premiere-Chef Georg Kofler erkannt, der sich im August überraschend von Premiere und aus der Fernsehbranche (!) zurückzog und sich mehr erneuerbare Energien widmen will.

Das starke Wachstum der privaten Sender in den 90er Jahren ist längst passè. Das Internet hat das Medium Fernsehen abgelöst, wobei die neuen digitalen Möglichkeiten insbesondere immer mehr Jugendliche von der Flimmerkiste ins Web oder vor die Konsole locken. Zwar wird es auch in Zukunft den Hardcore-Fußball-Fan geben, der auch steigende Eintrittskarten- und Abopreise in Kauf nehmen wird, doch diese Zielgruppe ist begrenzt.

Vor allem gegen das steigende interaktive Internet-Angebot in Form von kostenlosen Online-Spielen (MMORPGs etc.) und Video- und Social-Networking-Angeboten dürfte die eindimensionale TV-Branche auf Dauer den Kürzeren ziehen, zumal die betreffenden Firmen nur langsam das Potential von IPTV & Co erkennen. Fernsehen war gestern, heute rollen wieder einmal junge Firmen wie Joost den Markt auf und weisen TV-Managern von gestern den Weg in die Zukunft…

Kurzportrait

Die in Unterföhring bei München ansässige Premiere AG ist Deutschlands führender Pay-TV-Sender. Das Unternehmen ging im Jahr 1990 aus dem ersten deutschen Bezahlsender Teleclub hervor und baute seither sein TV-Angebot sukzessive aus.

Heute präsentiert sich die Premiere AG als ein führender europäischer TV-Konzern, der seine Programme nicht nur Deutschland, sondern auch in Österreich und teilweise auch in der Schweiz ausstrahlt. Zum Unternehmen gehören die 100%igen Tochterfirmen Premiere Fernsehen GmbH & Co KG, die wiederum 100% der Anteile an der Premium Media Solutions hält, sowie die Premiere Star GmbH. Gleichzeitig ist das Unternehmen an der Servicegesellschaft Premiere Service Center Schwerin GmbH, der Premus Logistik und Service GmbH als auch an der Premiere Hotel Entertainment GmbH beteiligt.

Die Premium Media Solutions ist mit den Sendern Premiere 1, Premiere 2, Premiere 3, Premiere 4, Premiere Filmclassics, Premiere Filmfest, Premiere Krimi, Premiere Nostalgie, Premiere Serie, Premiere Sport und Champions TV am Markt aktiv. Die einzelnen Programmpakete (Premiere Blockbuster, Premiere Entertainment, Premiere Star, Premiere Sport, Premiere Fußball plus, Premiere Bundesliga, Premiere Thema etc.) sind im Abo ab 9,99 Euro im Monat erhältlich. Zudem haben Kunden die Möglichkeit, Einzelkanäle zu Ihrem Hauptabonnement zu buchen. Daneben bietet Premiere auch über das Audiopaket Premiere MusicStudio ein Hörfunkprogramm an. Zuletzt betreute Premiere mehr als 3,4 Mio. Abonnenten im Rahmen seines kostenpflichtigen TV-Programms.

Ergänzt wird das Pay-TV-Geschäft durch das Premiere Film- und Sportportal (Premiere.de, Premiere.at), welches mehr als 2,3 Mio. Besucher und über 21 Mio. Seitenaufrufe monatlich verzeichnet. Hier ist das Unternehmen auch mit seinem Premiere Internet TV-Programm aktiv.

Zahlen

Für das vergangene zweite Quartal 2007 meldete Premiere einen Umsatzrückgang um rund 15 Prozent auf 229,1 Mio. Euro. Der Verlust vor Steuern und Zinsen (EBIT) verringerte sich von 43,7 Mio. Euro im Vorjahreszeitraum auf ein Minus von 12,9 Mio. Euro im jüngsten Quartal. Das EBITDA summierte sich auf 10,2 Mio. Euro. Im Vorjahresquartal hatte Premiere noch ein Minus von 21,8 Mio. Euro verbuchen müssen.

Meldung gespeichert unter: Sky Deutschland, Hintergrundberichte,

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