Nortel Networks unter Druck

Donnerstag, 29. Juni 2006 um 00:00

(IT-Times) Der kanadische Netzwerkausrüster Nortel Networks (NYSE: NT<NT.NYS>, WKN: 929925<NNT.FSE>) scheint mit dem Rücken zur Wand zu stehen. Die angestrebte Fusion der beiden Mitbewerber Alcatel und Lucent Technologies, die Übernahme von Marconi durch Ericsson und das neue Joint Venture zwischen Siemens und Nokia dürften den Druck auf die Kanadier noch weiter erhöhen. Auch das zuletzt abgesagte Joint Venture mit der chinesischen Huawei lässt Fragen offen.

Das neue Management rund um Nortel-Chef Mike Zafirovski, der das Ruder im November 2005 übernahm, versucht Nortel wieder auf eine gesunde Basis zu stellen. Nach einem massiven Stellenabbau in den vergangenen Jahren, sollen nunmehr nochmals netto 1.100 Stellen gestrichen werden. Weitere Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe sollen Änderungen bei Pensionszahlungen bringen.

Gespräche mit Siemens

Diese Maßnahmen werden sich zwar positiv auf die Kostenbasis auswirken, doch im operativen Geschäft ist Nortel noch lange nicht über den Berg. Die Branchenkonsolidierung zwingt auch Nortel zum Handeln, zumal die Kanadier zuletzt offenbar weiter Marktanteile an führende Mobilfunkausrüster verloren, wie S&P-Experte Ken Leon glaubt.

Im Rahmen einer Pressekonferenz im April deutete Nortel-Chef Zafirovski an, nach mehr Partnerschaften Ausschau halten zu wollen. Eine günstige Gelegenheit könnte sich in Kürze bieten, denn Siemens will sich von seiner Sparte Siemens Enterprise Networks trennen. Siemens habe bereits Gespräche mit Avaya und Nortel geführt, berichtete Dow Jones Newswires in der Vorwoche. Analysten schätzen den Kaufpreis für die Siemens-Division auf 1,9 bis 2,5 Mrd. Dollar.

Doch Nortel könnte auch bei dieser Transaktion das Nachsehen haben, denn Mitbewerber Avaya gilt aufgrund seiner guten Position im Bereich Voice over IP (VoIP) als bevorzugter Partner. Auch Siemens-Chef Klaus Kleinfeld gab mit seinem Statement bereits die Richtung vor: „Wir wollen eine starke Nummer zwei in diesem Markt werden“. Als Nummer zwei in diesem Bereich gilt Avaya, hinter Cisco.

Kurzportrait

Die kanadische Nortel Networks, ansässig in Ontario, galt als Vorzeige-Unternehmen Nordamerikas. Mit dem Boom der Telekommunikationsindustrie schafften die Kanadier den Aufstieg in die erste Reihe der Technologiekonzerne. Der zweitgrößte Telekom-Ausrüster nach Lucent galt in den letzten Jahren gleichzeitig als der marktführende Ausrüster in der Glasfaserindustrie. Bedingt durch enorme Überkapazitäten ging diese Ära in den vergangenen Jahren zu Ende, als das Unternehmen massive Stellenkürzungen in Folge hoher Verluste beschloss. Insgesamt bauten die Kanadier in den vergangenen Jahren nahezu zwei Drittel der gesamten Belegschaft ab. Von ursprünglich 95.500 Beschäftigten im Jahr 2000, arbeiten heute noch etwa 30.000 Mitarbeiter bei Nortel.

Nortel Networks steckte in den vergangenen Jahren jährlich 2,5 Mrd. Dollar in Forschung und Entwicklung, um den technischen Vorsprung in der Telekommunikationsindustrie zu sichern. 17.400 Ingeneure, Forscher und Wissenschaftler waren in 31 Ländern der Welt zuletzt damit beschäftigt, immer neue Innovationen in der Kommunikationstechnologie zu entwickeln. Nortel Networks gilt nach wie vor als Pionier im Bereich der optischen Ethernet-Lösungen. So wurden nicht nur optische Netze für Geschäftskunden eingerichtet, sondern auch drahtlose Kommunikationslösungen entwickelt. Das Ziel neue Maßstäbe im Bereich der Datenübertragungsgeschwindigkeit zu setzen erforderte hohes technisches Know-how in Verbindung mit entsprechendem Kapitaleinsatz. Die von Nortel demonstrierten Applikationen konnten zuletzt 25mal schneller auf mobile Daten zugreifen, als der derzeitige industrielle Standard.

Bereits im Jahre 1996 stellte Nortel Networks den ersten optischen Backbone vor, welcher ganze Kontinente miteinander verbinden sollte. Im Jahre 2001 folgte die Einführung erster optischer Switches, welche die Netzwerk- und Betriebskosten nochmals radikal senken sollte. Diesen Geschäftsbereich gab das Unternehmen aufgrund der anhaltend roten Zahlen inzwischen aber wieder auf. Zuletzt wurden etwa 70 Prozent des gesamten Internet-Datentransfers über Nortel-Netzwerke transportiert.

Zahlen

Für das vergangene erste Quartal 2006 berichtet Nortel von einem Umsatzrückgang auf 2,38 Mrd. US-Dollar, was einem Minus von 0,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Dabei mussten die Kanadier einen Nettoverlust von 167 Mio. Dollar oder vier US-Cent je Aktie hinnehmen, nach einem Minus von 104 Mio. Dollar oder zwei US-Cent je Aktie im Jahr vorher.

An der Wall Street hatte man im Vorfeld nur mit einem Nettoverlust von einem US-Cent je Aktie bei Einnahmen von 2,38 Mrd. Dollar gerechnet. Während die Erlöse im Bereich konvergente Netzwerke um vier Prozent auf 1,43 Mrd. Dollar fielen, verbuchte Nortel im Bereich Firmenkundenlösungen und Packet Networks einen Umsatzrückgang von einem Prozent auf 871 Mio. Dollar. Die Bruttomargen schwanden ebenfalls um 4,3 Prozentpunkte auf 38 Prozent.

Die operativen Kosten kletterten zuletzt auf 595 Mio. Dollar, nach 578 Mio. Dollar in der Vorjahresperiode. Die Barreserven schmolzen zuletzt auf 2,7 Mrd. Dollar zusammen, nach 2,95 Mrd. Dollar im Jahr vorher. Die langfristigen Verbindlichkeiten konnten leicht auf 2,45 Mrd. Dollar abgebaut werden, nach 2,57 Mrd. Dollar im Jahr vorher.

Markt und Wettbewerb

Nortel Networks muss sich vor allem gegen die Konkurrenz des größten Telekom-Ausrüsters Lucent Technologies erwehren. Doch auch Lucent Technologies hat mit den vorhandenen Überkapazitäten im Markt zu kämpfen. So baute auch Lucent in den vergangenen Jahren mehr als 10.000 Arbeitsplätze ab, um den Personalbestand dem gesunkenen Umsatzniveau anzupassen. Zuletzt stimmte Lucent dem Fusionsvorhaben mit dem französischen Ausrüster Alcatel zu.

Meldung gespeichert unter: IT-News

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