Wirecard: Indizien sprechen für eine klassische Aushöhlung des Payment-Anbieters

E-Commerce: Digitale Bezahllösungen (Digital Payment)

Dienstag, 11. August 2020 um 09:08

Diese finanziellen Mittel sollen laut Wirecard-Geschäftsbericht 2018 in „bestehende und neue Beteiligungen investiert“ worden sein. Weiterführende Angaben zu den „Investments“ gibt es indes nicht.

Der Betrugsverdacht geht im Prinzip auf den Zeitpunkt der Gründung der heutigen Wirecard AG im Jahr 2005 zurück, die aus der Fusion der Wire Card Technologies AG und der Infogenie AG entstand.

Am 4. März 2008 meldete die Wirecard AG offiziell, dass die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR), auch Bilanzpolizei genannt, bereits im Konzernabschluss 2005 Fehler gefunden hat.

Dabei ging es um die Übernahme des deutschen Payment-Anbieters „Wire Card Technologies AG“ durch den Hotline-Anbieter Infogenie AG. Der wahre Wert der übernommenen Tochterunternehmen wurde hier verschleiert.

Über Kaufpreis und Verkäufer wurde ebenfalls geschwiegen. Sowohl die Wire Card Technologies AG (inkl. die Cardsystems FZ-LCC in Dubai) als auch die Infogenie AG waren seinerzeit bereits schwer angeschlagen und fusionierten durch einen Reverse-Merger zur heutigen Wirecard AG.

Es folgten Übernahmen von weiteren dubiosen Unternehmen, die von zahlreichen Kapitalerhöhungen bei der Wirecard AG begleitet wurden. Die DPR hatte bereits 2008 die Bankenaufsicht BaFin über Unregelmäßigkeiten in der Wirecard-Bilanz informiert.

Im Jahr 2007 übernahm Wirecard zudem für 43 Mio. Euro die Münchner Beteiligungsgesellschaft Trustpay (zuvor: Blitz 07-210), dessen Vorstand 65 Jahre alt war und in einem kleinen Dorf der tschechischen Grenze lebte.

Trustpay hatte drei Tochterunternehmen, eine davon war die „Wirecard Payment Solutions Holding Ltd.“ mit Sitz in der irischen Hauptstadt Dublin. Dahinter steckten zwielichtige Glücksspielanbieter und ehemalige Wirecard-Manager. Aus Trustpay entstand im Jahr 2012 die heutige Tochtergesellschaft Wirecard Sales International.

Übernahmen fanden meistens in Ländern statt, in denen es keine ordentlichen Handelsregister gibt oder wo die Steuerpolitik nicht gut organisiert ist. So lässt sich beispielsweise Herkunft und Eigentümerstruktur vertuschen.

Obwohl die Wirecard immer wieder ihr „hochprofitables Geschäft“ angepriesen hat, hätten Großinvestoren spätestens über das enorme Anwachsen des Schuldenberges der Wirecard AG stutzig werden müssen.

Offenbar waren diese aber über die anfangs hohen Aktienkursgewinne völlig verblendet. Auch die Aufsichtsbehörde BaFin und die Wirtschaftsprüfer haben im Fall Wirecard geschlafen oder waren anderweitig abgelenkt.

Die aktuelle Verschuldung des Unternehmens Wirecard AG hat mit rund vier Mrd. Euro als Ergebnis ein gigantisches Level erreicht.

Das Kerngeschäft in Asien, das über drei mehr als zwielichtige „Partnerunternehmen“ in Dubai, auf den Philippinen und in Singapur abgewickelt worden sein soll, wurde zum großen Teil frei erfunden, wie man heute weiß.

Den finanziellen Schaden allein beziffert die Staatsanwaltshaft München mittlerweile auf mehr als 3,2 Mrd. Euro. Hinzu kommen dann die Verluste von Anlegern in Milliardenhöhe. (lim/rem)

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