United Internet vor Ausstieg aus dem DSL-Geschäft?

Donnerstag, 20. November 2008 um 13:38
United Internet

(IT-Times) Stagnierendes Online-Werbegeschäft, weniger DSL-Neukunden. Die Zeichen stehen auch beim deutschen Internet-Spezialisten United Internet AG (WKN: 508903) auf Abschwung.

Auch die bislang erwartete Übernahme der DSL-Sparte von freenet durch United Internet kommt offenbar nicht zu Stande. Wie United Internet zuletzt erklärte, sei man aus dem Bieterverfahren im Oktober ausgeschieden. Im vergangenen dritten Quartal war es zu einer dramatischen Verlangsamung des Wachstums im DSL-Neukundengeschäfts bei United Internet gekommen. Der Konzern hatte unter dem Strich nur noch 20.000 DSL-Neukunden gewinnen können.

Im anstehenden Jahr 2009 erwartet United Internet-Chef Ralph Dommermuth nur 2,3 Mio. DSL-Neukundenanschlüsse in Deutschland, so der Manager gegenüber der FAZ. Damit ist United Internet deutlich pessimistischer als der Branchen-Verband VATM, der von 3,2 Mio. DSL-Neuanschlüssen in 2009 ausgeht.

Der Kampf um neue DSL-Kunden wird unterdessen immer härter. Deutsche Telekom, Vodafone/Arcor, United Internet, freenet und Hansenet kämpfen mit aggressiven Preisen und Bündelangeboten zum Weihnachtsgeschäft um die Gunst der Kunden. Der DSL-Markt könnte sich infolge der Sättigung zu einem Wechselkundenmarkt entwickeln, bei dem letztendlich die Anbieter die Zeche zahlen. Die Fluktuation dürfte mittelfristig deutlich zunehmen, wobei voraussichtlich rund 3,7 Mio. Haushalte ihren DSL-Anbieter wechseln werden, glaubt Dommermuth.

Ruinöser Preiskrieg setzt Anbieter unter Druck

Für die Anbieter, wie United Internet ist das Geschäft allerdings nur profitabel, wenn der Kunde mehr als zwei Jahre bleibt, denn die hohen Kundengewinnungskosten fressen die monatlichen Gebühren zunehmend auf. Der Verzicht auf die freenet DSL-Sparte könnte damit auch der Anfang vom Ende im DSL-Engagement von United Internet sein.

Das Unternehmen musste bereits im zweiten Quartal das Duo Vodafone/Arcor ziehen lassen. Vodafone/Arcor gilt inzwischen als die Nummer zwei in Deutschland im DSL-Geschäft (Quelle: DSLWeb), hinter dem Branchenprimus Deutsche Telekom, der mit rund 50 Prozent Marktanteil die Branche kontrolliert. United Internet kam demnach im zweiten Quartal 2008 nur auf einen Marktanteil von 14,09 Prozent, der sich auch im dritten Quartal kaum verändert haben dürfte.

Die Strategieberater aus dem Hause Booz Allen Hamilton glauben, dass nur wenige Anbieter mit einem Marktanteil von mindestens 25 Prozent die Konsolidierung überleben werden. Der Preisverfall dürfte sich nach Meinung der Booz Allen Experten auch in Zukunft weiter fortsetzen. Daneben wird sich der Bedarf an Geschwindigkeiten und Daten-Transfervolumina in den nächsten fünf Jahren verzehnfachen, schätzen die Experten.

Firmen wie auch Privatkunden werden dann höhere Bandbreiten und schnellere Übertragungsgeschwindigkeiten fordern, so dass optische Netze und VDSL mehr in den Vordergrund rücken. Jedoch dürfte es nur wenigen Unternehmen gelingen, die notwendige Infrastruktur für Leitungen mit über 50 MBit/s zur Verfügung zu stellen, geschweige den wirtschaftlich zu betreiben, so das ernüchternde Fazit der Strategieberater…

Kurzportrait
United Internet ist ein Internet Service Provider mit Sitz in Montabaur. Das Unternehmen entwickelt und vertreibt Internet-Anwendungen und technische Mehrwert-Produkten an Privatkunden und kleine oder mittelständische Unternehmen. Dabei ist United Internet in drei Geschäftsfelder gegliedert: Produkte und Online-Marketing. Die Sparte Outsourcing wurde mit dem Verkauf von twenty4help aufgelöst. Anfang 2008 gründete United Internet mit der Creative Campaigns & Crossmedia eine neue Beratungseinheit.

Die Anwendungen und technischen Mehrwerte des Unternehmens basieren auf eigenen Produkten und im eigenen Haus entwickelter Software. Das Endverbraucher-orientierte Segment Produkte ist das Kerngeschäft und erwirtschaftet die Mehrheit des Umsatzes. Hier vermarktet die Gesellschaft Internet-Mehrwertdienste und -zugänge über die Marken GMX, WEB.DE, 1&1 sowie Schlund + Partner an private und gewerbliche Kunden. Die Internetzugänge werden als Reseller-Verträge der Deutsche Telekom AG an den Mann gebracht. Im Geschäftsfeld Online-Marketing offeriert United Internet beispielsweise Domain-Marketing über Sedo und Affiliate-Marketing über affilinet. Zur Marketing-Sparte gehört auch der Werbevermarkter AdLINK (84,32 Prozent).

1988 wurde United Internet unter dem Namen 1&1 gegründet. Zunächst tritt die Gesellschaft hauptsächlich als -Vermarkter von kleinen Softwareanbietern auf. 1996 hat die 1&1-Gruppe schon fünf Tochtergesellschaften, die sich auf Segmente in den Bereichen Online- und Multimedia konzentrieren. Mit der Deregulierung des Telekommunikationsmarktes und dem Aufkommen des Internets eröffnen sich neue Geschäftsmöglichkeiten. 1997 werden die ersten Internetzugänge vermarktet, ein Jahr später folgt der Börsengang. Kurze Zeit später steigt 1&1 bei dem Internetprovider Schlund & Partner ein, das Unternehmen wird später vollständig übernommen. Hierdurch kann der Geschäftskundemarkt erschlossen werden. Noch vor der Jahrtausendwende gründet 1&1 mit anderen Partnern den e-Mail-Dienst GMX. Zudem werden kleinere Unternehmen aufgekauft. 2000 erfolgt die Umbenennung in United Internet. Nach dem Ende des Dot.com-Booms muss das Unternehmen neu ausgerichtet werden und bereinigt das Portfolio. Ab 2001 verstärkt sich United Internet wieder, die Beteiligungen an 1&1, GMX, Schlund+Partner sowie twenty4help werden auf 100 Prozent aufgestockt. Die twenthy4help AG wurde inzwischen wieder verkauft. In 2006 schluckte United Internet den britischen Web-Hoster Fasthosts Internet. Auf der Portal-Seite übernahm United Internet das Geschäft von Web.de. Ende 2007 beteiligt sich United Internet mit 9,68 Prozent an Drillisch. Zudem hält United Internet inzwischen 25 Prozent der Anteile an freenet. Darüber hinaus erwarb United Internet weitere Anteile an dem Festnetzanbieter Versatel (25,05 Prozent). Anfang 2008 beteiligte sich United Internet mit 48,65 Prozent an der Medienholding virtual minds AG (Adition).

Zahlen
United Internet erwirtschafte in den ersten neun Monaten 2008 im Produktsegment einen Umsatz in Höhe von 1,06 Mrd. Euro. Das entspricht einem Plus von 16 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum als 915 Mio. Euro umgesetzt wurden. Das EBITDA in diesem Bereich stieg knapp unterproportional um 15,4 Prozent von 204,4 Mio. auf 235,8 Mio. Euro. Im Online-Marketing-Segment stieg der Umsatz knapp um 1,6 Prozent von 157 Mio. auf 159,5 Mio. Euro während das EBITDA ohne positive Einmaleffekte aus dem zweiten Quartal um 38,1 Prozent von 18,1 Mio. auf 11,2 Mio. Euro sank.

Der Konzernumsatz belief sich bei der United Internet AG damit auf 1,22 Mrd. Euro. Das entspricht einem Plus von 15,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das EBITDA von United Internet kletterte um 14,1 Prozent auf 249,5 Mio. Euro. Die strategischen Beteiligungen an freenet, Drillisch und Versatel haben das Ergebnis durch höhere Zinszahlungen in Höhe von 16 Mio. Euro belastet. Aufgrund stark gefallener Aktienkurse der Beteiligungen sind Abschreibungen notwendig geworden. Das Nettoergebnis legte dennoch um 22,1 Prozent auf 132,1 Mio. Euro zu.

Meldung gespeichert unter: United Internet, Hintergrundberichte, Telekommunikation

© IT-Times 2024. Alle Rechte vorbehalten.

Unternehmen / Branche folgen
Unsere Nachrichten auf Ihrer Website

Sie haben die Möglichkeit, mit unserem Webmaster-Nachrichten-Tool die Nachrichten von IT-Times.de kostenlos auf Ihrer Internetseite einzubauen.

Zugeschnitten auf Ihre Branche bzw. Ihr Interesse.

Unternehmen / Branche folgen
Unsere Nachrichten auf Ihrer Website

Sie haben die Möglichkeit, mit unserem Webmaster-Nachrichten-Tool die Nachrichten von IT-Times.de kostenlos auf Ihrer Internetseite einzubauen.

Zugeschnitten auf Ihre Branche bzw. Ihr Interesse.

Folgen Sie IT-Times auf ...