Microsoft holt die Brechstange raus

Dienstag, 8. April 2008 um 12:48
Microsoft Unternehmenslogo

(IT-Times) Der Ton zwischen dem Softwareriesen Microsoft (Nasdaq: MSFT, WKN: 870747) und dem Übernahmekandidaten Yahoo wird zunehmend rauer. In einem Briefwechsel lieferten sich die Chefs beider Firmen in den vergangenen Tagen ein ungewöhnliches Wortgefecht. Eine freundliche Übernahme wird zunehmend unwahrscheinlicher, zumal Yahoo auf ein höheres Übernahmeangebot pocht, was jedoch Microsoft nach wie vor ablehnt.

Stattdessen erhöhte Microsoft den Druck noch einmal und stellte Yahoo ein Ultimatum, wonach das US-Softwarehaus unter anderem drohte, sein Angebot zu kürzen und sich direkt an die Yahoo-Aktionäre zu wenden, wenn Yahoo nicht einlenkt. Sollte es zu einer feindlichen Übernahme kommen, dürften die Tage des Yahoo-Managements gezählt sein. Damit könnten sich aber auch Kreativkräfte von dem Unternehmen abwenden, die das Duo Microsoft/Yahoo im Kampf um Marktanteile gegen den fast übermächtigen Suchmaschinengiganten Google dringend benötigt.

Aus zwei Verlierern wird noch kein Gewinner


Ohnehin wird Microsoft durch die Übernahme allein die Lücke zu Google nicht schließen können, denn sowohl Yahoos wie auch Microsofts Marktanteil entwickelte sich im US-Suchmaschinemarkt nach comScore-Angaben weiter rückläufig, während Google weiter zulegen konnte. Inzwischen kontrolliert Google fast 60 Prozent des US-Suchmaschinenmarktes, während das Duo Yahoo/Microsoft auf einen Marktanteil von gut 31 Prozent kommt (Quelle: comScore).

Bislang hat Microsoft auch keine schlüssige Strategie vorgelegt, wie das Unternehmen durch neue Innovationen den Trend umkehren will, um wieder Marktanteile zu gewinnen. Die Hebung von Synergieeffekten dürfte sich bei einem derart komplexen Vorhaben als schwierig gestalten, da oft der Integrationsaufwand unterschätzt wird. Verschiedene Studien belegen immer wieder, dass derart große Übernahmen in der Praxis nicht funktionieren - der Fall Time Warner/AOL lässt grüßen.

Zudem scheinen die beiden Marken Microsoft und Yahoo völlig unterschiedlich. Während Microsoft fast schon wie eine Behörde geführt wird, haftet der Marke Yahoo nach wie vor der Spirit des Neuem und Kreativen an, auch wenn das Unternehmen dies in letzter Zeit nicht so richtig zeigen konnte.

Microsoft-Chef Steve Ballmer geht mit dem Vorhaben ein sehr hohes Risiko ein. Auch wenn sich der Microsoft-Lenker gegen seinen Widersacher Jerry Yang am Ende durchsetzen sollte, könnte Microsoft am Ende als Verlierer dastehen, wenn sich der Übernahmepreis als zu teuer herausstellt und hohe Abschreibungen drohen...

Kurzportrait

In den 80er und 90er Jahren gelang dem Softwarespezialisten Microsoft der Aufstieg zum weltweit größten Softwarehersteller. Mit seinem Windows Betriebssystem eroberte das Unternehmen schnell die Schreibtischbüros in den Firmen als auch bei den Privatanwendern. Mit Vista schickte Microsoft in 2007 seine neueste Betriebssystemgeneration ins Rennen. Das Kerngeschäft bildet heute der Bereich Desktop- und Client-Systeme, worunter populäre Anwendungen wie Microsoft Office oder Excel fallen, sowie der Geschäftsbereich rund um die bekannte Windows-Plattform. Aber auch andere Geschäftsbereiche, wie das wachstumsstarke Server-Geschäft tragen inzwischen zum Unternehmensgewinn bei. Auch die Entertainment und Devices-Einheit, in der unter anderem das Xbox-Geschäft zusammengefasst ist, erreichte zuletzt die Gewinnzone.

Daneben betreibt das Unternehmen noch den Internetzugangs- und Nachrichtendienst MSN, der inzwischen schwarze Zahlen schreibt. Durch das gemeinsam mit Accenture gegründete Joint Venture Avanade versucht Microsoft im Bereich IT-Services Fuß zu fassen. Mit der Übernahme von Great Plains Software will Microsoft daneben kleinere und mittlere Unternehmen ansprechen, womit sich der Softwarekonzern in direkte Konkurrenz zum Partner SAP begibt. Gleichzeitig stieg Microsoft mit der Marke Zune und dem gleichnamigen Musikdienst in den Markt für MP3-Player ein.

Nach der Übernahme der dänischen Navision, kaufte Microsoft das Startup XDegrees. Zudem wurde der Webkonferenzanbieter PlaceWare übernommen. Im Jahr 2005 folgte die Übernahme von Groove Networks und MessageCast. Mitte 2005 schloss Microsoft die Übernahme des Sicherheitsspezialisten Sybari Software ab. Zum Ende des Jahres 2005 verstärkte sich Microsoft mit der Übernahme des Management-Spezialisten UMC. Auch im Jahr 2006 blieb Microsoft weiter auf Einkaufstour und schluckte den britischen Foto-Katalogsoftwareanbieter iView Multimedia, den Windows-Spezialisten Winternals Software sowie dessen Sysinternals-Webseite. Ebenfalls übernommen wurde der Ingame-Werbespezialist Massive. Mitte 2007 schloss Microsoft die Übernahme des Web- und Marketing-Spezialisten aQuantive ab. Gleichzeitig wurden mit der Werbebörse AdECN, dem Softwareanbieter Engyro und dem Shopping-Dienst Jellyfish.com weitere Firmen hinzugekauft. Anfang 2008 schluckte Microsoft den norwegischen Suchmaschinenspezialisten Fast Search & Transfer.

Gemeinsam mit dem TV-Sender NBC betreibt Microsoft den Nachrichtenkanal MSNBC.

Seit mehreren Jahren engagiert sich Microsoft auch im Konsolengeschäft (Xbox). Mit seiner neuen Konsolen-Generation Xbox 360 will Microsoft dem Platzhirschen Sony vom Thron stoßen. Unternehmensmitgründer Bill Gates zog sich zwar als Unternehmenschef zurück, hält aber nach wie vor eine Minderheitsbeteiligung an Microsoft.

Zahlen

Für das vergangene zweite Fiskalquartal 2008 meldet das Redmonder Softwarehaus einen Umsatzanstieg auf 16,37 Mrd. US-Dollar, was einem Zuwachs von 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Der Nettogewinn legte um 79 Prozent auf 4,71 Mrd. Dollar oder 50 US-Cent je Aktie zu, nach einem Plus von 2,63 Mrd. Dollar oder 26 US-Cent je Aktie im Jahr vorher. An der Wall Street hatte man zunächst lediglich mit Einnahmen von 15,95 Mrd. Dollar sowie mit einem Nettogewinn von 46 US-Cent je Aktie kalkuliert.

Positiv entwickelte sich insbesondere die Windows-Division. Das Geschäft mit Windows- und Office-Produkten fuhr im jüngsten Quartal einen Umsatz in Höhe von 9,14 Mrd. Dollar ein, was einem Zuwachs von 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Auch das sonst defizitäre Geschäft mit der Spielekonsole Xbox 360 konnte im jüngsten Quartal einen Gewinn erwirtschaften. Laut Microsoft ist die Division auf einem guten Weg, im Fiskaljahr 2008 einen Gewinn auszuweisen.

Meldung gespeichert unter: Microsoft, Hintergrundberichte, Software

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