Expedia nach Google-Deal unter Druck - Übernahme von Kayak?

Freitag, 2. Juli 2010 um 13:10
Expedia

(IT-Times) - Urlaubszeit ist bekanntlich auch Reisezeit. Dementsprechend freuen dürfte sich eigentlich der amerikanische Online-Reiseanbieter Expedia (Nasdaq: EXPE, WKN: A0F41M) auf die nächsten Monate. Doch es gibt einen Spielverderber. Die Übernahme von ITA Software durch Google dürfte die Vorfreude bei Expedia auf das lukrative Urlaubsgeschäft gründlich verdorben haben. Vielmehr dürfte die jüngste Google-Übernahme die Online-Reisebranche nachhaltig verändern.

Google steigt ins Online-Reisegeschäft ein


ITA Software gilt als einer der führenden Anbieter von Reisebuchungssoftwarelösungen. Die Software und Technologien des Unternehmens sind nicht nur bei zahlreichen Fluglinien im Einsatz, auch Expedia.com und die Expedia-Tochter TripAdvisor vertrauen auf ITA-Lösungen. Glaubt man US-Medienberichten, soll Expedia noch versucht haben, die Übernahme von ITA Software durch Google zu verhindern - vergeblich.

Im Markt befürchtet man nunmehr, dass Google mit Hilfe von ITA und Google Maps einen eigenen Online-Reiseservice a la Google Travel aufbauen könnte. Praktisch ein Pedant zum Microsoft-Service Bing Travel, der ebenfalls ITA-Software nutzt. Diese Befürchtungen hält Deutsche Bank Securities Experte Herman Leung jedoch für übertrieben. Leung verweist darauf, dass Google eine vernünftige Balance finden müsse, um Werbetreibende aus der Online-Reisebranche nicht zu verschrecken.

Noch steht nicht fest, wie Expedia & Co auf den Vorstoß von Google reagieren werden. Marktbeobachter halten es für wahrscheinlich, dass sich auch Expedia durch eine entsprechende Übernahme verstärken wird. Mit Barreserven von rund einer Mrd. US-Dollar ist die Kriegskasse von Expedia gut gefüllt.

Kayak als Übernahmekandidat gehandelt - Antwort auf Google-Deal?


Als ein möglicher Übernahmekandidat wird dann auch die Meta-Reisesuchmaschine Kayak gehandelt. Über Kayak lassen sich hunderte Reisewebseiten auf einmal vergleichen. Expedia.com nimmt bereits heute eine prominente Position in den Kayak-Suchergebnissen ein. Mit der Übernahme von Kayak könnte Expedia ein einflussreiches Gegengewicht zum Duo ITA-Google aufbauen, heißt es aus der Branche. Im Vorfeld der Übernahme von ITA durch Google wurde bekannt, dass Expedia 200 Mio. Dollar in Kayak investieren wollte, um Kayak zu unterstützen, ein Übernahmeangebot für ITA Software abzugeben. Nunmehr könnte Expedia gezwungen sein, Kayak gänzlich zu übernehmen.

Eine vollständige Übernahme von Kayak dürfte Expedia aber ähnlich teuer zu stehen kommen, wie Google der ITA-Deal. Marktbeobachter taxieren den Wert von Kayak bei einer Übernahme auf 0,7 bis 1,0 Mrd. US-Dollar - fraglich ist nunmehr, ob Expedia bereit ist, diesen Preis zu bezahlen, um sich Google entgegenzustellen.

Kurzportrait

Die ehemalige Microsoft-Tochter Expedia, ursprünglich im Jahre 1996 aus der Taufe gehoben, wurde im Jahre 2002 von IAC/InterActiveCorp übernommen, neu strukturiert und im Jahr 2005 wieder an die Börse geführt. Expedia, ansässig in Bellevue/Washington, bietet als Online-Reiseagentur einen Rund-um-Service für Touristen, wobei Nutzer über das Internet Hotelreservierungen vornehmen, Flug-Tickets ordern, Mietautos reservieren, sowie Kreuzfahrten buchen können. Aber auch Konzertkarten und andere Pauschal-Reiseangebote bietet das Unternehmen über seine Online-Plattform an. Hierfür betreibt das Unternehmen die Internet-Plattformen Expedia.com (Expedia.de), Hotels.com, Hotwire.com, Venere.com und TripAdvisor.com.

Durch die Übernahme von Travelscape.com im Jahre 2000 und der Fusion mit Hotels.com, kann Expedia heute auf ein umfangreiches Hotelnetz zurückgreifen. So arbeitet Expedia heute mit mehr als 70.000 Hotels, darunter mit großen Namen wie Hilton International, Mariott, Embassy, Clarion und Howard Johnson's zusammen. Travelscape.com gilt darüber hinaus als Spezialist für Las Vegas-Reisen. Hierfür betreibt die Gesellschaft ein eigens dafür eingerichtetes Buchungs- und Reservierungssystem. Um den Bereich Buchungstools zu verstärken, kaufte Expedia den Softwarespezialisten Newtrade Technologies. Gleichzeitig arbeitet das Unternehmen mit der IAC-Tochter Ticketmaster zusammen, um Kunden auch ergänzend zu Reisen auch Veranstaltungskarten (Konzerte etc.) anbieten zu können.

Neben den USA betreibt Expedia auch landesspezifische Online-Seiten in Kanada, Deutschland, Italien, den Niederlanden, Australien, in Großbritannien und vielen weiteren Ländern. Seit Ende 2006 ist man mit einer eigenen Webplattform im wichtigen japanischen Reisemarkt präsent. Durch die mehrheitliche Beteiligung (52 Prozent) an eLong ist Expedia auch im wichtigen chinesischen Markt vertreten. Nach Expedia-Angaben erreicht das Unternehmen mit seinem Angebot aktuell weit mehr als zehn Mio. Touristen weltweit.

Unter dem Dach von Expedia hat der Mutterkonzern IAC nicht nur Hotels.com, sondern auch den Touristikdienst Hotwire und TripAdvisor zusammengeführt. Im Frühjahr 2007 übernahm die Expedia-Tochter TripAdvisor den Reiseforum-Spezialisten The Independent Traveler. Anfang 2008 kaufte TripAdvisor dann die englische Reiseplattform Holdiday Watchdog. Daneben wurden mit CarRentals.com und Airfarewatchdog.com zwei weitere Online-Buchungsspezialisten übernommen. Mit Synergi Global Travel Management und mit der italienischen Venere Net folgten in 2008 zwei weitere Zukäufe. Ende 2009 verstärkte sich die Expedia-Tochter TripAdvisor in China und übernahm die Internet-Plattform Kuxun.cn. Mitte 2010 verstärkte sich TripAdvisor in England und übernahm dort den führenden Vermittler von Ferienwohnungen Holidaylettings.co.uk.

Zahlen

Für das vergangene Märzquartal meldet Expedia einen Umsatzanstieg um 13 Prozent auf 718 Mio. US-Dollar. Dabei verdiente der Online-Reisespezialist 59,4 Mio. Dollar oder 20 US-Cent je Aktie, nach einem Profit von 39,4 Mio. Dollar oder 14 US-Cent je Aktie in der Vorjahresperiode.

Ausgenommen außergewöhnlicher Sonderbelastungen konnte Expedia einen Nettogewinn von 26 US-Cent je Aktie realisieren und damit die Gewinnerwartungen der Analysten übertreffen. Diese hatten im Vorfeld zwar mit Einnahmen von 722,4 Mio. Dollar, aber nur mit einem Nettogewinn von 22 US-Cent je Aktie gerechnet.

Das Unternehmen, welches neben der Hauptseite Expedia, noch weitere Webplattformen wie Hotwire.com, Hotels.com und Tripadvisor.com betreibt, konnte ferner seine Einnahmen aus Online-Werbung um 34 Prozent steigern. Die Buchungen wuchsen um 27 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

International wuchs Expedia am stärksten - hier legten die Umsatzerlöse um 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu. Im Heimatmarkt USA kletterten die Erlöse dagegen nur um fünf Prozent, nachdem im Inland weniger Reisebuchungen bei Expedia eingingen. Insgesamt konnte Expedia im jüngsten Quartal einen positiven Cashflow von 620 Mio. Dollar erzielen. Der freie Cashflow summierte sich auf 590 Mio. Dollar.

Markt und Wettbewerb

Meldung gespeichert unter: Online-Reisen, Expedia, Hintergrundberichte, Internet

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