Research In Motion am Abgrund - wer rettet die Kanadier?

Dienstag, 3. Juli 2012 um 14:15
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(IT-Times) - Der BlackBerry-Hersteller Research In Motion (RIM) zieht die Notbremse. Nachdem das Unternehmen im jüngsten Quartal operativ in die Verlustzone gerutscht ist, wollen die Kanadier 5.000 Stellen bzw. 30 Prozent der Belegschaft streichen.

Gleichzeitig benötigt das Unternehmen mehr Zeit, um sein kommendes Betriebssystem BlackBerry 10 (BB10) konkurrenzfähig zu gestalten. Erste BlackBerry 10 Geräte sollen Anfang 2013 kommen. Viel zu spät, wie viele Analysten glauben, die ihre Kursziele für RIM-Aktien durch die Bank deutlich senken. In der Branche rechnet man bis zur Markteinführung der neuen Geräte mit weiter sinkenden Verkaufszahlen im Hardware-Geschäft.

Analysten sehen nur zwei Alternativen: Aufspaltung oder Verkauf


Die Investmentbanker aus dem Hause Canaccord Genuity gehen daher davon aus, das RIM (Nasdaq: RIMM, WKN: 909607) gezwungen sein wird, das Unternehmen zu verkaufen. Auch bei Morgan Stanley zeichnet man ein sehr pessimistisches Bild, das Unternehmen sei "praktisch erledigt", heißt es da. Zuvor hatte die Sunday Times berichtet, dass der BlackBerry-Hersteller bereits einen Verkauf der Handy-Sparte oder des Unternehmens als Ganzes erwägt.

Doch wer kommt als Käufer in Frage? Dabei werden in der Branche immer wieder drei Namen genannt: Amazon und das Duo Microsoft/Nokia. Amazon ist bereits im Tablet PC Markt mit dem Kindle Fire vertreten und könnte durch die Übernahme den Sprung in den Smartphone-Markt wagen, um seine Mobile-Strategie abzurunden.

Wahrscheinlicher ist hingegen die Übernahme durch das Duo Microsoft und Nokia, die bereits im Smartphone-Markt zusammenarbeiten. Mit einer Übernahme von RIM könnte Microsoft den Wiedereinstieg in den Smartphone-Markt schaffen, nachdem das Unternehmen jüngst erst seinen Surface Tablet PC vorgestellt hat. Außerdem könnte Microsoft damit sein eigenes Mobile-Betriebssystem Windows Phone auf mehr Geräte bringen.

RIM gilt als schwer verkäuflich - lediglich Patente gelten als werthaltig


Doch besonders verlockend ist eine Übernahme für alle drei Unternehmen nicht. Zwar sitzt RIM noch auf Barreserven von 2,2 Mrd. US-Dollar, diese könnten aber bei der aktuellen Entwicklung in zwei Jahren aufgebraucht sein. Einen Wert sehen Analysten lediglich in den 4.200 Patenten des Unternehmens, deren Wert auf ein bis drei Mrd. Dollar taxiert wird, sowie in den 78 Millionen BlackBerry-Abonnenten.

Trotz der vorhandenen Assets und der Markteinführung von BB10 im nächsten Jahr, glauben die Analysten bei Nomura Equity Research nicht mehr an einen erfolgreichen Turnaround von RIM. Vielmehr dürften RIM-Modelle bis 2020 gänzlich von der Bildfläche verschwunden sein, so die Nomura-Experten in einer Studie.

Kurzportrait

Die im Jahre 1984 in Waterloo/Kanada gegründete Research In Motion (RIM) gilt heute als einer der führenden Anbieter von Smartphones. Das im kanadischen Ontario ansässige Unternehmen konnte sich durch seinen Email-Pushservice BlackBerry einen Namen nicht nur in Nordamerika machen. Mit dem BlackBerry können Nutzer an einen beliebigen Ort Emails empfangen, bearbeiten und versenden. RIMs kleines Kommunikationswunder wird derzeit bereits von mehr als 78 Millionen Kunden in über 150 Ländern weltweit eingesetzt. Durch neue Produkte (BlackBerry Storm, BlackBerry Bold, BlackBerry Pearl Flip) will das Unternehmen auch von neuen und schnellen Mobilfunknetzstandards profitieren und seine Marktposition entsprechend sichern. So brachte das Unternehmen mit dem BlackBerryStorm im Jahr 2008 sein erstes Touchscreen-Smartphone auf den Markt.

Nach der Expansion in europäische und asiatisch-pazifische Märkte, will das Unternehmen vor allem in China und Indien weiter wachsen. Durch ein Abkommen mit der ägyptischen Orascom Holdings ist RIM auch in den Märkten des Mittleren Ostens präsent. Durch Kooperationen mit zahlreichen ausländischen Carrier-Partnern geht die Internationalisierung weiter. Im Mittelpunkt der Expansionsbemühungen standen zuletzt nicht nur Europa, sondern auch Asien und der Mittlere Osten. Im Frühjahr 2006 verstärkten sich die Kanadier durch die Übernahme des kalifornischen Softwarespezialisten Ascendent Systems. Anfang 2009 schloss RIM die Übernahme des kanadischen Spezialisten Chalk Media ab. Im März 2009 übernahm RIM den kanadischen Sicherheitsspezialisten Certicom. Mitte 2010 schluckte RIM von Harman International die Betriebssystem-Einheit QNX Software Systems, später folgte die Übernahe des Documents To Go Entwicklers DataViz. Zudem wurde Ende 2010 die schwedische The Astonishing Tribe (TAT) übernommen. Mitte 2011 wurde Scoreloop aufgekauft.

Neben dem Handheld-Computer BlackBerry bietet das Unternehmen aber auch PC-Steckkarten für Laptops und PDAs an. Entsprechende Softwarelösungen rund um die angebotene Hardware ergänzen das Produktportfolio der Kanadier. RIM vertreibt seine Produkte sowohl direkt an Herstellerfirmen, als auch über ein Händlernetz und Carrier wie Hutchison Telecommunications, Cingular und Motient. Zu den namhaften Vertriebspartnern zählen neben AT&T Wireless, auch T-Mobile, Vodafone und Sprint Nextel. Zu den Kunden der Kanadier zählen darüber hinaus Technologiefirmen wie AT&T, Dell, Intel, Panasonic und IBM. Zuletzt gab RIM den Abbau von 5.000 Stellen bzw. 30 Prozent seiner Belegschaft bekannt.

Zahlen

Für das vergangene erste Fiskalquartal 2013 meldet RIM einen Umsatzeinbruch auf 2,8 Mrd. US-Dollar, ein Rückgang von 43 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Verlust summierte sich dabei auf 518 Mio. US-Dollar oder 99 US-Cent je Aktie, nachdem die Kanadier im Vorjahr noch einen Gewinn von 695 Mio. Dollar oder 1,33 Dollar je Aktie ausweisen konnten. Ausgenommen außergewöhnlicher Sonderbelastungen betrug der Nettoverlust 37 US-Cent je Aktie, womit RIM die Markterwartungen der Analysten verfehlte. An der Wall Street hatte man im Vorfeld mit Einnahmen von 3,1 Mrd. Dollar sowie mit einem Nettoverlust von drei US-Cent je Aktie gerechnet.

RIM konnte eigenen Angaben zufolge im jüngsten Quartal 7,8 Millionen BlackBerry Smartphones verkaufen, ein Rückgang von 41 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Darüber hinaus setzte RIM 260.000 BlackBerry PlayBook Tablets ab, ein Einbruch von 50 Prozent.

Markt und Wettbewerb

Meldung gespeichert unter: BlackBerry, Hintergrundberichte, Telekommunikation, Hardware

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